Strophen herbei holte; er fang: „Wir fingen heut ein heilig
Lied.. laut und keck zuerft, dann nachdenklich und zart und
fchrecklich traurig zulebt.
Seine Frau, das Higgeli, war unter die Türe getreten und
ftierte ihn mit großen Augen an. Die drei Aelteften drückten fleh
in die Rockfalten der Hutter und kicherten und das Jüngfte lag
im Zimmerwagen und krähte. Er, Gottlob Schleicher, fah nichts,
hörte nichts und fang: „erhaltet mir Weib und Kind . . .” und
zulebt flüfterte er nur noch und es mar kein Ton höher als der
andere, keiner länger als der andere, „die eurer Hut empfohlen
find .. .” Frau Schleicher fuhr fleh mit dem Handrücken über
die Augen und ging auf ihren Hann zu:
„Gottlob, fagte fie zärtlich, bift du krank?”
Der Schneidermeifter Schleicher fah auf feine Frau und fah
auf feine Kinder und murmelte: „in kurzem bringt euch blutig
rot. .. „Gottlob, Gottlob ift dir nicht wohl?”
Da befann fich Gottlob Schleicher auf feinem Gelang und warum
er fingen wollte. Nein, auch fie füllten nichts merken, auch fie
nicht, und laut und keck wiederholte er: „in kurzem bringt
euch blutig rot.. .”
Da warf das Schluchzen Frau Higgeli auf einen Stuhl und die
drei Hägdlein mit den fchwarzen Haaren legten fich um fie und
fingen zu weinen an. Draußen fiel der Regen in grauen Fäden
in die braunen Aefte. Ein Bächlein ging pon der Lauben=
tür bis zum Tifch, auf dem Gottlob Schleicher faß, mit Augen,
in denen wie ein fchwarzes Feuer die Angft wuchs, und fang:
„ein Eidgenoß das Horgenbrot.. .” Jebt faßte Frau Higgeli
ihren Hann mit zitternden Händen an, und lehnte ihren Kopf
an den feinen.
„Gottlob, du follft fo nicht tun! Ich hab Angft und die Kleinen
haben Angft und wir wißen nicht, warum du fo bift. Gottlob
gelt.”
Da erwachte der Schneider aus feiner Verlafienheit und legte
einen Arm um feine Frau und fah auf feine drei Hägdlein und
fchwieg.
Draußen fiel der Regen. Von der Laubentür her rann ein
Bächlein zum Tifch des Heifters. Niemand fah das Rinnfal, als
die kleine Line, die fich mit ihren Füßen darin zu fpielen machte
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