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man in Rußland ein Doppeltes leisten muß, und daß es darauf ankommt, daß
jeder mit Hand anlegt und mit Anspannung der höchsten Energie, anstatt die
Hände in den Schoß zu legen und auf die gebratenen Tauben zu warten, die ihm
ins Maul fliegen sollen.
Vergeßt doch nicht, daß wie in Rußland so in der ganzen Welt Klassenkampf
und Bürgerkrieg ist!
Manche Arbeiter meinen, daß die schwierigen Verhältnisse in Sowjetrußland
beweisen, die Zeit für eine Diktatur des Proletariats sei noch nicht reif. Sie
sollten nach Rußland gehen und die offene und versteckte Sabotage aller nicht
Proletarisch-Klassenbewußten am eigenen Leibe spüren. Die Bourgeoisie, die
kalten Blutes Millionen Proletarier in den Weltkrieg gehetzt hat, sie läßt heute
den russischen Bauern, der in vielen Dingen ihr manchmal noch wesensverwandt
ist, ebenso kaltherzig vor Hunger verrecken. Sie sabotiert die Möglichkeit einer
umfassenden Auslandshilfe, sie sabotiert die Verwaltung im Innern, sie führt den
Krieg im Lande, wenngleich passiv, so doch nicht mehr auf Kosten der Arbeiter,
sondern auf Kosten Millionen Unglücklicher, die zu schwach sind, um ihr Leben
um Hilfe zu schreien. Der russische Arbeiter trägt diesen Ruf weiter, weil der
klassenbewußte Proletarier heute allein in der Lage ist, Solidarität zu üben nicht
nur zu den Klassengenossen der Gegenwart, auch gegenüber denen der Zukunft,
den jetzt noch Unwissenden und in alten Traditionen Wurzelnden.
Die letzte Phase des Klassenkampfes, in die wir jetzt eingetreten sind, zeigt
das bürgerliche Element als das, was es ist, als den Feind und brutalen Aus
beuter jedes allmenschlichen Verbindungsgefühls, als den Feind einer kommen
den Menschheit, der, kann dieses Ziel erreicht werden, restlos niedergeschlagen
und ausgerottet werden muß. Vergeßt das flicht, Arbeiter in Westeuropa.
Denn jetzt, wo der Ruf nach Hilfe auch zu euch dringt, müßt ihr euch über
die Aufgabe, die euch daraus erwächst, vollkommen im Klaren sein. Mehr wie
je in der bisherigen Geschichte der russischen proletarischen Revolution handelt
es sich um eine Hilfe für den russischen Arbeiter. Diese Hilfe ist im wichtigsten
Ziel die Entfachung des Bürgerkrieges und die Entfesselung der proletarischen
Revolution. Wir ringen in diesem Kriege von Etappe zu Etappe, wir haben eine
Stellung erreicht, in der wir den Angriff eines neuen Feindes, den Hunger zu
überwinden haben. Daher, wo ihr auch angreift, ihr werdet den russischen Ar
beiter entlasten. Und nur so ist auch die direkte Hilfe zu verstehen, die Unter
stützung mit Lebensmitteln, Geld, Kleidungsstücken, Maschinen aller Art und
ähnlichem. Sie ist nur wirksam, wenn sie getragen ist von dem Solidaritäts
gefühl und von dem Grundgedanken des Klassenkampfes. Dann aber gebt auch
alles her, was ihr geben könnt. Haltet euch den hungernden russischen Arbeiter
vor Augen, der seine Ration hergibt, um denen an der Wolga zu helfen. Das
Gefühl, ein brüderliches Werk zu tun, schafft Wunder. Nicht loskaufen sollt ihr
euch damit vom Klassenkampf, sondern ihn dadurch entfachen, euch selbst dafür
stählen« indem ihr nicht einen Augenblick vergeßt, daß die Aufgabe, die der
russische Arbeiter übernommen hat, auch eure Aufgabe ist. Um euch selbst
handelt es sich, wenn die neue Phase des Bürgerkrieges, der Kampf mit der
Hungerepidemie und der Unwissenheit in den nächsten Monaten in Rußland ent
schieden werden muß.
Wie viele Tausende der unwissenden und hungernden Bauern werden in
diesem Jahre noch sterben, und die Zahl derer, die an Seuchen und Entkräftung