Aber neue Maler tauchen auf, welche die
Aufrichtigkeit in der Kunst predigen und für die
die Sensibilität des Malers über den leichten Reiz
des Dekorateurs herrschen soll- Das sind die Er
kenntnisse, die M a t i s s e zur Bewunderung Rem-
brandts, Courbets und Renoirs, P i c a s s o zu der
Raphaels und Davids führen,- sie sind es denn
auch, die einen Derain entdecken lassen, daß
der Humanismus der Renaissance-Maler uns
näher steht als die Scholastik der Primitiven.
(Aus den „Lettres Parisiennes".)
Bemerkungen der Redaktion: Die Unab-
hängigen unter der Führung ihres Präsidenten Paul Signac
sind mit 5000 Werken ins Grand Palais eingezögen (ihre
Ausstellung i. J. 1914 hat 4000, die von 1911 7000 Nummern
umfaßt). Die Pariser Kritik klagt über das Übermaß der
Einsendungen, von denen viele in den dunklen Winkeln
des Grand Palais gar nicht zur Geltung kommen. Ferner
beanstandet man die Aufgabe des alten Systems der Grup-
penzusammenfassung zugunsten eines freien Spiels der
Gegensätze, so daß diesmal Kubistisches und Traditionelles
sich oft auf einer Wand im wilden Durcheinander bekämpft.
S i g n a c s „H afenvonMarseille" hält noch immer
am mosaizierenden Pointillismus fest. Matisse, VuillarcL
Flandrin, Dufy haben sich diesmal nicht beteiligt. Sehr
stark ist das kubistische Aufgebot. Roger Marx rühmt die
Leistungen der Führer, des Braque, G leizes, Juan
Gris, Leger, bedauert aber das Treiben der kubistischen
Nachtreter, deren Namen er verschweigt, um nur die Titel
einiger ihrer Werke zu zitieren: Die mechanischen Kräfte
der Liebe in Bewegung. Namenlose Maschine. Sehr
seltenes Bild auf der Erde. Virginite en deplacement.
Wenn das kaufkräftige Publikum, das gestern noch von
der neuen Kunst nichts wissen wollte, heute mit Leiden
schaft Werke radikaler Künstler erwirbt, so ist das eine
Erscheinung, die in Deutschland ihr Analogon findet.
%
Dadaistische Urteile über französische
Künstler.
Braque, sensibel, ein wenig 18. Jhd., spa
nischer Typ, sympathischer Mensch.
Picasso, sehr 18. Jhd., muß sich sehr lang
weilen, französischer Typ.
Metzinger, nach außen großer Wille mo
dern zu sein, könnte noch dazu kommen. (Ich
habe zu früh ausgestellt, sagte er zu Louis
Vauxelles.)
Marcel Duchamp, intelligent, beschäftigt
sich ein bißchen zu viel mit Frauen.
Albert Gleizes, Haupt des Kubismus.
TristanTzara, sehr intelligent, nicht genug
Dada.
Ribemont-Dessaignes, sehr intelligent,
zu gut erzogen.
Leger, Normanne, er erklärt, man müsse
immer mit einem Fuß im Dreck stehen.
Arp, Dein Platz ist in Paris.
A n d r e B r e t o n, wir warten auf den Moment,
wo er, hinreichend komprimiert, wie Dynamit
explodieren wird.
Louis Aragon, zu intelligent.
Soupoult, ist ein verlorener Sohn.
Paul Dermee, liebt die gute Gesellschaft.
Pier r e» A1 b e r t B i r o t, voll natürlicher An
lagen, wir raten ihm, nicht zu allein zu leben.
R e v e r d y, macht mir den Eindruck, ein Ge-
fängnisdir.ektor zu sein.
Max Jacob, erklärt, daß sein Hinterer
hysterisch ist.
Francis Picabia, unmöglich für ihn zu
begreifen, was sich zwischen Kalt und Warm
ereignet. Wie der Ewige erklärt er, daß man
die Lauwarmen ausspeien muß.
Numero 11
(Fevrier 1920)
5 C Armee
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RUSSLAND.
Ilia Rjepin und die proletarische Kunst.
Nachdem die Ideen der proletarischen Kultur
und Kunst ihre erste experimentale Anwendung
in Sowjetrußland erlebten, erweckten sie auch im
deutschen und ausländischen Kunstleben ein leb
haftes Interesse. Für die vielen Diskussionen, die
dieses aktuelle Thema behandelten, ist durchaus
charakteristisch: entweder die Überzeugung vom
Aussterben der bürgerlichen Kultur, deren Lei
chengift auch in die Kunst eingedrungen sei,
die Überzeugung vom kommenden Kultur
wechsel, den bereits die „gesunden Elemente“
der jungen Kunst verkündeten — oder eine
schärfste Kritik der Ideologie und der Experi
mente der „Proletkulten“, die eine unerhörte
Verwilderung und eine Usurpation der Rechte
der „echten“ Kunst bedeuteten. Zu den letzteren