Volltext: Der Ararat (1 (1920), 7)

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Apostata. 
Bemerkungen zu einem Vortrag Hausensteins.) 
War es ein Vortrag oder eine Leichenrede? 
Eine Selbstentblößung oder ein Reuebekenntnis? 
Einer, dem es die „Rechte" der Kunst verargte, daß er es mit der „Linken" hielt, stand auf, 
sagte sich von der expressionistischen Irrlehre los, gestand seinen Irrtum,‘verbarg nicht seine Ent- 
täuschung <die er auch auf andere sowohl politische wie gesellschaftliche Erscheinungen ausdehnte) 
und kehrte reueerfaßt zum impressionistischen Glauben Meier-Gräfes zurück <woher er ge 
kommen), aber als ein Hoffnungsbarer, der das Ende der Kunst überhaupt kassandrierte. 
Es gab Leute, die diesen etwas larmoyanten Vorfall für eine Folge der Unterernährung hielten. 
Mir will es scheinen, daß wir es hier mit einer bedauerlichen Infektion durch den Spenglerschen 
Skeptizismus zu tun haben,- wahrhaft bedauerlich schon deshalb, weil ihr Opfer optimistischere Tage 
gesehen hat, in denen es kunstpessimistische Anwandlungen anderer nicht ungeahndet ließ: so daß 
es heute mit sich selbst in argen Widerspruch gerät. • 
Mir wenigstens deucht es, daß Hausenstein sein Gewissen mit den Sünden Auburtins <der 1911 
„Die Kunst stirbt" geschrieben hat) und Meier-Gräfes <der einmal durch die bange Frage 
„Wohin treiben wir?" beunruhigt wurde) befleckt hat: Sünden, die in Hausenstein einen strengen 
Richter gefunden haben, wovon „Die bildende Kunst der Gegenwart" dieses Kunstschriftstellers 
Zeugnis ablegen kann. 
Es soll unter den Zuhörern Hausensteins Suggestible gegeben haben-, die die Kunst leibhaftig 
auf einer Bahre ausgestreckt sahen und sich ihrer Tränen nicht erwehren konnten. Die liebe Tote! 
Man nehme die Sache nicht zu tragisch. Schon der Kunstbanause Plinius hat sich in grauen Zeiten 
bemüßigt gesehen, über den Tod der Kunst zu wehklagen. Sein Beispiel fand Nachahmer in allen 
Jahrhunderten. Aber es verhält sich mit der Kunst wie mit dem Totgesagten im Volksaberglauben, 
der gerade darum ein langes Leben vor sich hat, weil man ihn bereits für tot erklärt hat. 
Beten wir das Kredo aller rechtgläubigen Kunsthistoriker, das HansTietze in seiner „Methode 
der Kunstgeschichte" formuliert hat: 
„Es kann nur ein bestimmter Begriff der Kunst veralten und sterben, eine bestimmte Vor- 
Stellung, was Kunst ist und soll, durch die allgemeine Kulturentwicklung ihre Basis verlieren." 
L. Z. 
STIMMEN DER KÜNSTLER. 
Joseph Eberz: Über Farbe. * 
Mit Inbrunst hat die junge Kunstgeneration nach den Zeiten der Hell-Dunkel-Malerei und der 
rein optischen Eindruckskunst das wiedererworbene Neuland der Farbe beackert. 
Die unerhörte Wirkungsmöglichkeit der Farbe, zu der die alten Meister gelangten, war ver- 
loren gegangen. Während die Kunst der Kirche diente, stand sie im Zeichen der Farbe. Das 
Bild war in erster Linie Dekoration, es hat den Formen der Architektur Rechnung getragen, nicht 
minder den hieratischen und mystischen des Kultraums — erst zweidimensional in Höhe und 
Breite, später mit Anwendung der Perspektive und Plastik ins Dreidimensionale farbig erweitert. 
Dieser idealistischen Kunstform steht als erster am Beginn eines realistischen Zeitalters Rem- 
brandt gegenüber. Mit ihm beginnt der Sieg des Lichtes über die Dinge. Dunkelheit fördert das 
Helle zutage, strömt in weichen Formen zum Licht, das dann alles überstrahlt. Licht- und Land 
schaftsmalerei der Niederländer verdrängen das eigentlich farbige Element immer mehr zugunsten
	        
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