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Männlidie Figur. 1906. Größe ca. 50 cm
Derain, Dufresne. Zwei Temperamente.
Zwei Charaktere. Zwei Menschen, die ihre
Ebenbilder in allen Ländern, die hier vertreten
sind, haben. Ohne im entferntesten daran zu
denken, sie nachzuahmen, haben Menschen,
Künstler aller Länder einem dem Werke jener
beiden ähnlichen Ausdruck gefunden. Die
menschlichen Familien respektieren weder die
Landesgrenzen, noch die Grenzen der Rassen.
Das Leben — wir sind geboren, um es zu lieben
und zu verteidigen — dieses Leben zwingt uns,
wer immer wir auch seien, zur universellen Sym
pathie. Wir unterscheiden uns nur durch die
Form, die wir dem Ausdruck unserer Liebe zu
den Dingen und Wesen geben. Die Regie*
rungen, alle gleicherweise Urheber der blutigen
Mißverständnisse, sind unendlich schwächer als
die Regierten: das ist die einzige Hoffnung, die
uns bleibt. —
Setzen wir unseren Rundgang fort. Utrillo,
verspäteter Impressionist, kränklicher Erbe, ein
naturwidriges Überbleibsel einer Phalanx mus
kelstarker Riesen, die während des Gewitter
sturmes gearbeitet haben. Utrillo selbst malt
in seiner Krankenstube. Die anderen, seine
herrlichen Vorgänger, nahmen Teil an den wilden
Freuden der Natur. Er dagegen hat Angst.
Die Wirklichkeit halluziniert ihn Utrillo, großer
Maler der Wehleidigkeit.
Vuillard, wie ältlich er schon ist . . . Und
Laprade...
Marie Laurencin: all ihr Geheimnis und
all ihre Grazie sind in den Worten, mit denen
sie ihr Hundeporträt versehen hat: »J'aime les
chiens, celui*ci est rose.« Er ist rosa, weil es
ihr gefällt, daß es rosa sei. Und dies erklärt
besser die weibliche Psychologie als alle Foli
anten unserer berühmten Blaustrümpfe.