Volltext: Zweiter Jahrgang (2(1921))

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qualitätvolle Fläche, die für ihn aber lediglich 
äußere Wohlform für jene Inhaltsschwere des 
Wesentlichen der Dinge und Erscheinungen, wie 
er sie liebevoll sieht und aufsucht. So wie auch 
gute Gedanken sich stets in gepflegter Sprache 
äußern werden, um ein Kunstwerk zu sein. 
Nämlich qualitätvolles Ab wägen, Ausgleichen 
finden wir auch in seinen Zeichnungen, von 
visionärer Kraft und schönem linearen Spiel. 
Dieses Bedürfnis Klees: die Erscheinung und 
ihr Wesen zu bewerten — allein zeigt uns den 
deutschen Maler. Seine Bemessung liegt in der 
Kraft, die wir hier am W erke finden, mit wun 
derbarem Harmonieempfinden und köstlich auf 
gewandter Energie dafür zu kämpfen und klärend 
zu ordnen. 
Aber mir scheint auch ohne diese Werte 
lägen allein genug in der oft Renoirhaft schön 
bemalten Oberfläche, die Klee'sche Bilder auf« 
HAUSENSTEINLEGENDE oder 
Hausensteins Anschauungen und Urteile sind 
nicht straff linear konturiert, sondern malerisch 
verschwommen. <Wie denn überhaupt Hausen« 
stein von Meier«Graefe auf das Malerische dres« 
siert wurde. O Barock, o Rubens und du, gött« 
lieber Renoir!) Nur manchmal — wenn es ihm 
allzusehr nach journalistischem Eintagserfolg 
gelüstet — läßt ihn seine Vorsicht der Vielleichts 
und Immerhins, der offengelassenen Fragen, der 
halben Zugeständnisse und Dreiviertelableh« 
nungen im Stich, und er spricht »das Negative« 
nicht »nur einmal ganz«, sondern auch »mit Aus« 
schließlichkeit« aus. Wodurch er sich offensicht« 
lieh in Gefahr bringt — auch wenn er sich im 
voraus zu salvieren sucht durch treuherziges Zu« 
geben »bei früherem Anlaß zu einer positiveren 
Abschätzung das Seinige beizutragen nicht ver« 
säumt zu haben«. Es soll uns diesmal bei Anlaß 
der »Hodlerlegende« die Mühe nicht verdrießen, 
den einstmaligen Beiträgen Hausensteins zu 
einer positiveren Abschätzung des jüngst sehr 
negativ abgeschätzten Hodlers nachzuspüren. 
Zwar finden wir, daß sich der Kritiker niemals 
einer vorbehaltlosen Anerkennung Hodlers 
schuldig gemacht hat, aber nichtsdestoweniger 
weisen, um seinen Platz in der Geschichte der 
Malerei zu erkennen. 
In eins aber bin ich einig mit Herrn Hans 
Kaiser — 1 darin nämlich, daß die Kunst von 
Niveau stets nur berührt wird von Urteilen 
wie Verteidigungen auf gleicher geistiger Ebene. 
Daß nur ein gepflegtes Beistimmen, auch ein 
Kunstwerk, ihr nützen kann und kein »potz« 
tausend«, kein »abscheulich« <wie Herr Kaiser 
dieses an Cafehaustischen vernahm). Ich glaube 
aber auch nicht, daß einer sie aus ihrer Höhe 
zu heben vermag mit seinem Vergleiche der 
»Gartenlaube«. 
Es wäre nur noch zu sagen, daß neben Rudolf 
Kaßners klugen Worten die des Hans Kaiser 
über Paul Klee zu finden, mir weder deren Ge« 
nuß verdarb —- noch diese die Bedeutung des 
»Hohen Ufer« als Blatt von Niveau zu mindern 
vermögen. 
SPRÜCHE UND WIDERSPRÜCHE 
ergibt sich zwischen den früheren positiveren 
»Abschätzungen« und der jüngsten ImBausch und 
Bogen«Verurteilung eine so krasse Diskrepanz, 
daß man an der Identität des Autors zu zweifeln 
geneigt wäre. Wie folgende Anthologie aus 
Sprüchen und Widersprüchen es beweisen 
wird. 
1921. »Der Anfang, verhältnismäßig male« 
risch und sachlich gestimmt, weist ungefähr auf 
eine Welt hin, deren Gestirne Courbet und 
Leibi heißen. Man findet einige schöne An« 
sätze —- kaum mehr. Es fehlt alle künstlerische 
Üppigkeit; jenes Stück Rubens, jenes Stück Ba« 
rock, das keiner runden Leistung gänzlich man« 
gelt. Im ganzen bleibt eine Dürre, die beengt. 
Immerhin: von der anfänglichen Einstellung, die 
man etwa als malerisch gefaßten Naturalismus 
mit einem unsentimentalen Einschlag von Genre 
bezeichnen könnte, hätte die Entwicklung weiter« 
gehen sollen Mögen auch die Ansätze 
nichts weniger als außerordentlich sein, und mag^ 
es auch fraglich bleiben, ob eine gerade Ent« 
Wicklung von ihnen aus je zu Ungemeinem ge« 
führt haben würde.«
	        
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