Volltext: Zweiter Jahrgang (2(1921))

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und hierbei nicht auf seine Rechnung kommt, 
höchstens daß er zuweilen eine einsame als Leih 
gabe überlassene HerrlichkeitVincent van Goghs 
entdeckt, für ihn entsteht der Eindruck, daß die 
Wellen eines Kunststrebens, welches in der 
Nachahmung der Natur nicht mehr seinen End 
zweck erblickt, bis nach Holland nicht hinein^ 
geschlagen sind, daß vielmehr unter dem hol 
ländischen Himmelsstriche die Entwicklung der 
Malerei — sehr im Gegensätze zum übrigen 
Europa — seit etwa 1890 gestockt und sich in 
bloßen Wiederholungen ergangen hat. 
nicht unbedingt dem stilistischen wohl aber dem 
menschlichen und seelischen Beispiele van Goghs 
folgen, was heißen will, daß sie die Ausübung 
der Malerei wieder als eine Aufgabe des rein 
geistigen Verantwortungsgefühls begreifen. 
Hatte die Rechtfertigung für die Art und die 
Gelungenheit des Bild^Eindrucks bei den Rea 
listen und Impressionisten zum nicht geringen 
Teile bei dem »Motife« gelegen, das die Maler 
für ihre Leinwand auswählten, also bei einem 
augenblickslang in den Brennpunkt der Betracht 
tung gerückten Stücke Außenwelt, so wird von 
Ardiipenko Zwei Frauen <Zeidinung> 1920 
Daß diese Annahme fehl greift, läßt sich 
von vornherein aus dem Erscheinen Vincents 
van Gogh, des hauptsächlichsten Wegbereiters 
der gesamteuropäischen Kunstumwälzung, er 
schließen. In diesem reinblütigen Holländer 
lieferte das Niederländertum zu guter Stunde 
den Nachweis, daß die vererbte Künstlerkraft 
der Rasse keineswegs erschöpft und abgebraucht 
war, sondern daß sich in ihrem Schoße jetzt wie 
vordem die Keime einer allerreichsten Erneue 
rung bargen. In Holland ist denn auch seit dem 
Tode van Goghs, also seit etwa 30 Jahren ein 
Geschlecht von Malern aufgewachsen, die zwar 
dem Neueren die Überzeugungskraft des Kunst 
werks wieder mehr in seinen zeitlosen Aufbau 
gezogen, in seinen Gehalt an Willen und Ge 
sinnung. Nicht die Natur sondern die Idee, 
nicht die Beobachtung sondern das inwendige 
Erlebnis wird zum Träger des malerischen Be 
ginnens wie der schließlichen Formengebung 
gemacht. 
Mit diesen Künstlern, von denen die öffent 
lichen Museen Hollands schweigen, Bekannt 
schaft zu schließen und sie zu bewundern, bietet 
sich die Gelegenheit in den verschiedenen hob* 
ländischen Privatsammlungen der neuen Kunst.
	        
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