Volltext: Zweiter Jahrgang (2(1921))

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dieses größten aller neuen Simphoniker Doku 
ment sein einer Liebe, die zu grenzenlos ist, um 
schweigend zu verharren, die explosiv zur Ge= 
staltung drängt. 
Das Mappenwerk ist vom Verlage in wür 
diger monumentaler Weise ausgestattet worden 
und zählt drucktechnisch zu den besten Ver 
öffentlichungen der letzten Jahre. Der Einband 
wurde nach einem Entwurf des Künstlers aus 
geführt. Den Druck besorgte die Künstlerpresse 
Worpswede. 
H, H. Stückenschmidt. 
BÜCHER 
Walter Mekauer: Wesenhafte Kunst. Delphin» 
Verlag, München 1920. 
Diesem Versuch gelingt es, den kantischen Begriff der 
»Ästhetischen Idee« von neuem fruchtbar zu machen und 
ihn durch Beziehungsetzung zur Phänomenologie zu einer 
überzeugenden modernen Kunsttheorie weiter zu ent» 
wickeln. In die wenigen Seiten ist eine Überfülle keim» 
fähiger Gedanken gepreßt, die nur den richtigen Leser 
voraussetzen, um zur völligen Enfaltung zu gedeihen. 
L. Z. 
Das Puppenbuch. <Erich Reiß Verlag.) Edschmid, 
Däubler, Mierendorff haben es geschrieben über die Puppen 
der Erna Pinner und der Lotte Pritzel. Ja, das Zeitalter 
Beardsley's ist unbegrenzt,- dieses charmante Spielen mit 
einer reichen Begabung. Sogar bei den Verantwortungs» 
vollen finden wir es ja zuweilen,- sahen wir Klee nicht auch 
schon einem kurzen Spieltrieb verfallen? Baut sich nicht 
sehr vieles heute auf diesem kindlichen Verlangen, mit 
allem und jedem Material etwas anzufangen, auf? — 
Denken wir an Schwitters, der aus bisher »toten« Dingen 
einen Garten zaubert oder eine Allee. Es ist die Zärt» 
lichkeit für diesen armen »Toten«, welche den Dingen nun 
diese bezaubernde Vitalität gibt. — Und wer stände dem 
Kind an naivem Raffinement, an phantasievollem Spiel» 
vermögen näher als die Frau? — Die Pinner ist deshalb 
nicht weniger Artistin, weil sie sich dessen klar geworden. 
Ihre Puppen tragen ihre eigene Feinnervigkeit, wie elek» 
trisch übertragen, mit sich, und wir sehen an ihnen oft eine 
letzte Geste eines, den wir vielleicht einmal kannten, liebten. 
Die der Pritzel stehen Beardsley noch näher, sie tragen 
eine Art Heiligkeit mit sich, den Abglanz einer aus Müdig 
keit abstrahierten Erotik. Sie sind die Kleinplastiken einer 
ein wenig hypertrophierten Kultur. 
Daß sie Kunstwerke sind, was ihren Schöpfungsvorgang 
anbelangt, interessiert mich am meisten — mehr als mo 
disches Interesse. Darum sagt mir Edschmid mehr als 
Däubler. Dieser gibt zwar eine nette Novelle zum Besten/ 
jener aber führt uns ganz nahe an die Peripherie der 
Puppenwelt, in die wir nun schauen wie in ein seltsames 
Leben: eines, der schweigend lebt mit leisem Lächeln, der 
Welt entrückt, einsam in seinen schönen Kleidern. 
Das hübsche Buch ist erfreulich — am meisten aber freut 
mich doch: Beardsley lebt weiter! 
Helmud Kolle,
	        
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