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Dafür geht es in Nord west-Afrika um so zoologischer zu. Da haben wir zunächst das Gras
land von Kamerun. Hier hat so ziemlich alles und jedes seine Beziehung zum Tierreich.
Prächtige Masken mit Elefanten- und Büffel-Köpfen! Ausgezeichnete Stühle, deren Sitzplatten
von Schlangen oder Leoparden usw. getragen werden! Prunkvolle Pfeifenköpfe <ans Ton oder
Bronze) mit Elefantenschädeln! Speisebehälter von Elefanten oder anderem Getier bekrönt und
auch getragen! Alle Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens gewannen —- freilich nur im
Haushalt des Vornehmen und Reichen — ihren tierisch®mystischen Schmuck. Und hier im Gras
land ist das Tierische nun etw'as wirklich Animalisches, das bluthaftes Leben in sich trägt. Freilich
kommen die sonderbarsten Zusammensetzungen vor: menschliche und tierische Formelemente,
organische Züge verschiedener Tierarten geben sich in manchen Arbeiten ein oft verblüffendes
Stelldichein. Aber das Formale ist doch wichtiger: das Aufquellende, von innen nach außen
bluthaft Wachsende, das die Formbildung bestimmt.
Hier ist wirklich Instinkt für plastische, das heißt leibhafte
Formensprache: wie schön rundet sich die Schlangen
windung des Bronzeverschlusses und des Beratungs
stuhles, die Spinnen-Körper und ®Beine der Pfeife! Und
so ist auch der gewissermaßen geistige Ausdruck der
Masken voll körperhaften Kraftgefühls: Büffel und Eie®
fanten geben sich den gleichen munter®vergnügten An®
schein, wie Ahnenbilder jener Gegend.
Weiter im Westen ist man ernster gesonnen.
Große, mächtige Reiche der früheren Zeit haben sich
dort einen künstlerischen Ausdruck voller Energie und
Strenge geschaffen. Das Kriegerische ihrer Menschheit
spiegelt sich im Tiere wieder. Freilich wird dieses hier
weniger gut verstanden, wie im Grasland. Die Er®
innerungsbilder {vielleicht) des Jorubareichs ® Gründers
und Beherrschers zeigen ihn hoch zu Roß, — aber er
versinkt gleichsam im Sattel und dieser Sattel wiederum
im Pferdekörper, und dieser hat seinerseits eine so merk®
würdig plumpe Figur, daß die militärische Eleganz des
Reiters dadurch ein wenig Einbuße erleidet. Aber anderes
gelingt dafür um so besser: Welse, Vögel, Hasen usw.,
welche paarweise eine Schale stützen, die zum Auf®
bewahren religiös wichtiger Pflanzenkerne bestimmt ist.
Oder es wird der Leib des Chamäleon zum Gefäß ge
formt. So vielgestaltig diese tierische Welt der joru®
bischen Gefäße ist, — es bleibt zumeist die Formensprache eindeutig sich gleich in der kantig
scharfen Schnittführung, die ihre gleichsam disziplinierten Gestaltungen <ohne den wogenden
Rhythmus des Kameruner Graslandes) mit elastischer Härte und Genauigkeit modelliert.
Je weiter wir nach Westen gehen, desto mehr betont sich der schon im Jorubenlande spürbare
Sinn für die kantige Härte. Aber indem er immer spitzere Formen bevorzugt, nimmt er ihnen
doch durch elegante Grazie die Gefahr der Brutalität. Aus der Mossigegend stammende
Antilopenmasken haben in 'der Spitzigkeit ihrer Hörner und Ohren eine ganz ausgezeichnete
Haltung und Vornehmheit.
Zwischen diesen Binnenländern und dem Meere zieht sich ein Küstenstreifen um West®
afrika hin, dessen Kunstübung die ursprüngliche Grundlage des Negertums schon durch
Hölzerner Speisebehälter aus dem Kameruner
Grasland <Babanki>
Museum für Völkerkunde, Leipzig