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Katze, schmiegt sich weich durch all ihre Bilder. Und
allen gemeinsam ist die Eleganz und Feinheit der
Linie, dasTänzerische der Form, wie wir es besonders
bei Juliette Roche-Gleizes finden, deren Bilder von
exotischer Phantasie strotzen. Sie ist das modernste
Temperament und ihren jüngst erschienenen Gedicht-
band: »Demi-cercle« könnte man wie einen Katalog
vor der Betrachtung ihrer Leinwand benutzen.
Etwas abseits ihrer Welt, durch die kubistische
Schule hinein- und hinausgegangen steht Maria Blan-
chard, der sich augenblicklich das große Interesse der
Kritik zugewandt hat. Aufsehen erregte im letzten —
übrigens sehr blassen — Salon des Independants ihre
»Konfirmantin«. Sie ballt die Form mit Zucht und
Gewalt und das Schwarz-Weiß ihrer Bilder hat Ma-
netsche Leuchtkraft. Die Bilder Marie Blanchards
sind von einer ganz unfranzösischen Mystik, was
sich wohl aus ihrer spanischen Abkunft erklären läßt.
Mit Marie Blanchard kommen wir zu einer andern
Gruppe von Künstlerinnen, die zwar in Paris ar
beitend und von Paris inspiriert, doch ein fremdes
Element in sich tragen.
Es sind die Russinnen Natalie Gontscharowa,
Sonja Delannay-Tuk, Chana Orloff, Wassiliew, die
Polinen Alice Halitzka und Mela Mutes und die
Schweizerin Alice Bailly. Während die Französin
ganz französisch bleibt, wenn sie auch aus den tro
pischen Kolonien kommt, wie Valentine Prax, ist die
Fremde expansionsfähig und allen Einflüssen zu
gänglich. Sonja Delannay-Tuks Kunst trägt Spuren
des Futurismus. Flalitzka und Bailly sind die Ex
pressionisten der Gruppe. Halitzkas Malerei zeugt
von großen Vorstudien. Ihre Gestalten sind kon
struiert, sie schaltet mit dem Licht nach innerem
Gesetz und nicht nach der äußeren Erscheinung.
Auch Alice Bailly kommt es darauf an, in großer
Präzision die Fläche eines Bildes nicht nur zu be
malen, sondern aufzuteilen. Originell sind ihreWoll-
malereien.
Wassiliew ist eine ironische Puppenmutter. Sie
hat alle Pariser Künstler in ihrem Marionettentheater
versammelt und mit Stoff und Wolle meisterhaft den
Charakter jedes einzelnen karikiert.
Mela Muter ist in großer Einfachheit eine starke
Bejaherin der Natur geblieben. Kein Ismus hat
sie der Wirklichkeit untreu werden lassen. Ihr Henri
Barbusse und ihr Raymond Lefebre, wie alle ihre Por
träts, sind von männlicher Kraft und Wahrhaftig
keit.
Natalie Gontscharowa hat sich besonders durch
ihre Bühnenkompositionen einen Namen gemacht. Im
Verein mit Larionow hat sie an der Ausstattung
des berühmten russischen Balletts gearbeitet. Beide
haben der modernen Theaterdekoration und Ko
stümkunst neue Wege gewiesen. Märchenhaftes
Altrußland in seiner grotesken bäuerlichen Primi
tivität und die Farbenglut alter Glasmalereien wech
seln ab mit Propellerflügeln und geometrisch zuge
schnittenen Kleidern.
Die einzige Bildhauerin in Paris, eigentlich eher ein
Bildhauer, ist Chana Orloff. Ihre frühere Plastik war
ganz im expressionistischen Stil gehalten: Deformation
der Glieder, Durchgeistigung des Ausdrucks. Ihre
jüngsten Werke auf der letzten Pariser »Russischen
Ausstellung« von 1921 bewiesen ihre große Kraft
und versprechen dieser bedeutenden Frau eine füh
rende Stellung. Claire Go 11.
Sammlung für ein Baudelaire^Denkmal
Im Luxemburgpark, gegenüber dem Denkmale
P. Verlaines, soll dieses Jahr eine Gedenkstatue für
Ch. Baudelaire aufgerichtet werden. Um die erfor
derlichen Gelder zusammen zu bringen, hat sich ein
internationaler Ausschuß geformt, an d&sen Spitze
der Holländer Ebed. van der Veugt, Herausgeber
der in Paris, London, New-York erscheinenden
Monatsschrift »Le monde nouveau« steht. In Hol
land hat sich ein örtlicher Unterausschuß unter Bei
tritt bekannter Schriftsteller gebildet.
F. M. H.