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<Moholy»Nagy>. Und sie war seit jeher viel zu voll*
blütig, um die Schranken einer blassen Wirklichkeits»
darstellung nicht auch im reinen Landschaftsbild aus*
drucksvoll komponierend durchzubrechen <Szönyi>.
Ludwig Tihanyi. Von Ernst Källai
Tihanyi ist der führende Künstler jener ungarischen
Bewegung, die vor mehr als zehn Jahren vom Im*
pressionismus abschwenkend synthetischen Form*
Problemen nach ging und das Wesen der Natur ge*
stalten wollte. Anregungen wurden bei Cezanne und
Matisse geholt, doch krankte der ganze Versuch an
einem völligen Mißverstehen der beiden Franzosen.
Einzig Tihanyi war es, dessen Kunst sich als logische
und persönlich eigenartige Weiterführung der Ce*
zanneschen Form erwiesen hat.
Die geschlossene Baugesetzlichkeit Cezannes ist
bei Tihanyi bis an die Grenze des Kubismus ent*
wickelt. Bis zu einem Punkte, wo organisches Lebens*
gefühl und logisches Konstruieren sich noch im Gleich*
gewichte halten. Weiter zu gehen, wurde der Künstler
durch die warme und sinnliche Vitalität der unga*
rischen Erde und ihrer Menschen verhindert, die sich
schwer in die Fesseln einer intellektuell errichteten
willkürlichen Ordnung schlagen läßt. Anderseits war
es eben die vollsäftige, plastische Naturkraft des
Formgefühls, die festen Grund und Boden und ein
stämmiges Gerüst erforderte, um sich aufrichten zu
können.
Tihanyi ist dem Prinzip der Naturwesenheit bis
auf heute treu geblieben. Die visionäre Ausdrucks*
kraft seiner Kunst zeigt, daß diese Beschränkung nicht
eine Unzulänglichkeit an geistigerVerinnerlichung be*
deutet. Die strenge Baugesetzlichkeit, die Tihanyi in
seinen Bildern walten läßt, wird der Natur aus einer
Tiefe des menschlichen Bewußtseins vorgeschrieben,
wo die bloß feststellende Sinnesanpassung an Ober*
flächenreize längst jede Geltung verloren hat. Raum
und Form werden nicht mehr als zufälliges und bloß
durch die Willkür einer subjektiv optischen und rela*
tiven Perspektive geordnetes Aneinandergereihtsein
hingenommen, sondern aus ihren Konstellationen in
der Natur mit gründlichem Wählen, Ordnen und
Verändern herausgearbeitet und dem zentralen Bild*
gedanken des in sich geschlossenen Werkes unter*
ordnet. Sie werden aus der Lage, Gestalt und Be*
wegung nach kontrastierenden, sich schneidenden und
durchdringenden, gegenseitig angestemmten Flächen
und Linien als restlos determinierte Einheit kon*
struiert. Zwar ergeben sich die Zeichen der Tiefen*
ausdehnung noch aus Gegensätzen und Abstufungen
von Hell und Dunkel, doch auch diese Werte sind,
den luftgetränkten Licht* und Schattenverschleierungen
des Impressionismus entkleidet, zu einem auf sich
selbst beruhenden System kräftiger Lokaltöne stabi*
lisiert. Die Farbe schwingt und weht demnach auch
nicht in expressionistischer Entfesseltheit. Sie ist
vollkommen den Gestaltungsnotwendigkeiten der
primären, mehrdimensionalen Raum» und Körper*
haftigkeit und darin den Gleichgewichtsanforderungen
zwischen tragenden und lastenden Teilen unterworfen.
Trotzdem leuchten die meisten Bilder des Künstlers
in den stärksten Gegensätzen von Blau und Gelb,
Rot und Grün, die aber in einer reichen und fein ab»
setzenden Skala von warmen, kräftigen Mischtönen
aufgehoben werden.
Tihanyis Kompositionen sind auf das Vorherrschen
der wagrechten und senkrechten Tendenzen gestellt.
Aber diese feste Verankerung und das selbstsichere
Emporbauen seiner Bilder erkämpfen sich immer aus
einem Netz vielfach gekreuzter Diagonalen. Daher
die Mannigfaltigkeit seiner Modellierungswerte und
der Reichtum seiner Dynamik, die aber im Gegen»
satz zu den meisten jungungarischen Künstlern sich
niemals im leicht dekorativ ausartenden Bogenschwung
ergeht. In echigen und gekrümmten Bahnen, Locke»
rungen und Achsenverschiebungen zuckt und gleitet
die Bewegung hastig kreuz und quer, fortwährend
über Stockungen, Brechungen und Fragmente hin»
wegsetzend.
Die Dynamik des Künstlers und seine ganze Form
überhaupt, haben ihre größte Bedeutung bisher ent»
schieden im Porträt erreicht, mit einer Charakter»
gestaltung, die sich tief in den Kern der Persönlichkeit
hineinbohrt. Tihanyis Menschen sind Repräsentanten
unserer modernen Geistigkeit, die ihre Synthese aus
einer zersetzten und chaotischen Dämonie zusammen»
raffen muß. Diese stark negativen Momente unserer
Zeit sind es, welche den geistreich problematischen
und nervösen Zug der Form des Künstlers nicht nur
aus innerer, subjektiver Notwendigkeit, sondern auch
objektiv motiviert erscheinen lassen und ihren visi»
onären Gehalt zur großen Wahrheit erheben.
Aus der ungestörten Korrespondierung vollkommen
gleichlautender, naturhaft sachlichen und menschlich
subjektiven Gestaltungsfaktoren ergibt sich die ganz
besonders hervorgehobene magyarische Prägung
solcher Landschaften wie die z. B. mit der baufälligen
Hütte rechts im Vordergründe und dem sich trotzig»
nachlässig emporsteilenden Berg. Die Einheit von
Pathos, herrischem Selbstbewußtsein und ödem Sich»
gehenlassen ist ein tief magyarischer Wesenszug.