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Und eine utopische Hoffnung. Denn im innersten Wesen ist das Taoteking eine chiliastische
Utopie. Der als Verfallserscheinung betrachtete historische Staat wird durch die erwartete Wieder^
kehr des primitiven Urzustandes aufgehoben. Müssen doch nach dem von Laotse verkündeten
Naturgesetze vom Siege des Schwachen über das Starke durch die revolutionäre Passivität des
WuWei alle politischen Gewalten aufgelöst werden, wie alles Harte durch das nachgiebig Weichste,
das Wasser und das Weib, zersetzt wird. Dann aber bricht das tausendjährige Reich der Fried
fertigen und Unwissenden an. Der imperialistische Ehrgeiz der Völker ist erstickt. Der große
Staat wird wieder wie in der Urzeit aus kleinen in ewigem Frieden lebenden Dorfgemeinden be=
stehen. Das Paradies ist der Lohn der Trägen. Und diese Trägheit des Endes ist die Wieder
herstellung jener idealen Trägheit vom Anfang der Geschichte, die einmal durch das Erscheinen
der aktiven Rassen verloren zu haben als qualvolle aber auch hoffnungsvolle Erinnerung in allen
passiven Naturen lebt.
Die Spitze der Soziologie Kungtses und Laotses bildet der Kaiser. Trägör des Tao, ist er für
beide das religiös^politische Oberhaupt nicht nur des chinesischen Volkes sondern der ganzen
Menschheit. Aber aus der verschiedenen Deutung des Tao ergibt sich für beide eine ganz ver=
schiedene Auffassung des Kaisertums. Für Kung ist der Kaiser die Verkörperung der aktiven
Religion, der Grundlage des Staates, den die heiligen Monarchen der Vergangenheit durch pünkt*
liehe Erfüllung der rituellen Vorschriften groß gemacht haben. Für Laotse dagegen ist der Kaiser
die Inkarnation der passiven Religiosität des WuWei, welche konsequent jeden äußeren Ritus
verwerfen und mit der Verurteilung des Ahnenkultes das moralische Band der chinesischen Gesell
schaft zerreißen mußte. Laotse stellt sich die heiligen Kaiser der Urzeit wie die des kommenden
messianischen Zeitalters in Wirklichkeit als Taoistenpäpste, Meister des magischen Tiefschlafes,
vor. Folgerichtig in der Absurdität erklärt er die großen Epochen der Vergangenheit aus der
Passivität der zu taoistischen Heiligen umgedeuteten Monarchen: sie regierten ohne zu regieren
und ohne etwas zu ordnen, schufen sie die Ordnung.
So waren die beiden Männer, die sich den entarteten Söhnen der Choudynastie als Retter des
Reiches anboten. Als sie einander in der Kaiserstadt Honanfu kennen lernten, fühlten sie sofort
antipathisch den Gegensatz ihrer Naturen. Der Mensch der Sophrosyne stand dem Schwärmer,
der Soziologe der historischen Erfahrung und Vernunft dem der Narrheit und Utopie gegenüber.
Der Widerwillen der Lehrer gegeneinander wurde zum Kampf der Schulen. Die religiös-poli
tischen Ketzergesetze der konfuzianischrn Hierarchie verfolgten den Taoismus zusammen mit dem
Buddhismus, der als neues Element der Zersetzung nach China gekommen war. Aber wenn es
der aktiven Nationalreligion auch gelang, die schlimmsten Gefahren, welche von diesen Religionen
der Trägheit drohten, zu beschwören, so haben sie doch, soviel sie konnten, zur Entnervung des
Volkscharakters beigetragen und sind bis auf den heutigen Tag die Quelle immer neuer Geheim
bünde in dem klassischen Lande der geheimen Gesellschaften geblieben.
KWANNON IN NARA
KARL WITH
<Mit Abbildungen nach eigenen Aufnahmen)
Die vom Leib entbundene Seele klettert zu Gott. Mühselig und noch ganz verwirrt und betört
vom Tode. Und Gott ist Ruhe für sie und der Friede am Sonntag, nichts mehr zu tun und nichts
mehr zu sein.
Die an Gott gebundene Seele aber geht in den Leib ein. Lächelnd und noch ganz warm vom
Schoß des Himmels und vom Sturz der Wiedergeburt. Und Leib ist Opfer für sie und das
Schaffen durch alle Tage der Woche hindurch, alles auf sich zu nehmen und jedem anzugehören.