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Der Ararat
Zwischen Ararat und Alägös. Natur, Mensch und Kunst
Von Dr. HEINRICH GLÜCK, Wien
Die trostlose Ebene Armeniens lag hinter uns. Nun saßen wir in den Weingärten des Bischofs
bei Etschmiadsin und genossen in Mengen die Trauben, deren er vierzig Arten zog. Vor uns das
Tor Persiens, die weite, fruchtbare Ebene Erivans und über ihr in der Ferne, wie eine mächtige
Pyramide der Ararat, die schneeige Spitze in den charakteristischen fluoreszierenden Farben des
Abendhimmels dieser Landschaften. Die Grenze zweier Kulturbereiche wurde, wie selten sonst,
fühlbar.
Hinter uns das Hochland, dessen graue, lavaübergossene, baumlose Fläche mit den armseligen
Dörfern wir durchquert hatten, beherrscht von dem breitgelagerten Alägös, dessen erloschenen
Krater die schneebringenden Nebel des nahenden Hochlandwinters umlagern. — Hier unten
tausendfältige Frucht in den üppigen Gärten und Feldern, vor uns die Stadt, Erivan mit Park,
Gärten, Alleen und Wasserläufen, der Orient mit der Märchenhaftigkeit der Oase. Ein unge
heuerer Kontrast in diesen beiden Landschaftsbildern, und ein ungeheuerer Kontrast im gegen=
wärtigen und historischen Leben dieser Sphären.
Dort in dem ärmlichen Hochland mächtige Ruinen erstorbener Städte und Burgen, alte, in den
ersten Jahrhunderten des Christentums entstandene Kathedralen und die Basaltdenkmäler mit den
Keilschriften der Urzeiten. Dauer und Beharrung scheinen diese festgefügten Monumente zu
sprechen, der Wechsel der Jahrtausende kaum merkbar, immer in denselben strengen Formen sich
auslebend. Durch die steilen Ränder abgeschlossen von den reichen Landschaften des Südens und
Nordens und in das rauhe Klima der Höhenzone emporgehoben, wird das Geschick Armeniens
in zweifacher Richtung bestimmt: Höchst gesteigerte Eigenlebigkeit und Selbständigkeit, die den
Drang nach Freiheit und dem Festhalten am Überkommenen auslösen, auf der einen Seite —