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<Abb. 1>
Thagyä-Nat
Holzfigur mit Lade» und Glasmo
saik in einem buddhist. Kloster.
Tawngma, Nördl. Shanstaaten
%
Und doch ist dem Birmanen nicht durchweg der sorglose Frieden gegönnt, den seine Kultheiligtümer atmen.
Denn neben den wohlwollenden Geistern, die er aus den indisch-buddhistischen Heiligenscharen übernommen
hat, steht ein Heer unheimlicher
Schreckgespenster, die seinen Sinn
gefangen halten und seine Lebens
wege off recht ungemütlich kreu
zen. Unterschiedslos nennt er die
guten wie die bösen Geister
N a taus vorbuddhistischem
Animismus ist dieser Begriff treu
beibehalten. Er führt uns in recht
dunkle Gebiete des birmanischen
Seelenlebens/ trotz des in Text
und Bild so ergiebigen Buches,
das Sir Richard C. Temple über
die »kanonischen« 37 Nat ver
öffentlicht hat <London 1906),
bleibt uns das meiste an diesen
rätselhaften Wesen — eben rätsel
haft. Schon die Vermutungen
über die Herkunft des <auch an
dere Bezeichnungen neben sich
duldenden) Namens »Nat« tap
pen im Dunkeln, nnd die belieb
teste, die an das Sanskrit an
knüpft, ist die mindest wahr
scheinliche, weil jene Geister-
Grundbegriffe sicher in vorge
schichtlichen Perioden wurzeln,
die vom indischen Heilsweg der
Erlösung vom Leiden noch herz
lich wenig ahnten.
Man wird kaum fehlgehen,
wenn man die »Nat« etwa fol
gendermaßen einteilt: Die jün
gere Abteilung kam im Gefolge
des Buddhismus nach Birma und
begreift die Deva <das Wort ist
= divus, deus, aber nicht = freöc),
das sind die Himmelsgötter, in sich, die schon die Buddhalehre aus
dem brahmanischen Pantheon übernommen hatte. An ihrer Spitze
stehen Thagyä und Byammä — das sind die altindischen Gottheiten
Indra <Sakra> und Brahma, die sich in der Bildnerei des birmanischen
Buddhismus mit der Rolle begleitender Genien bescheiden.*) Man
trifft sie in Klöstern als Holz- oder Studkfiguren in königlicher Ge
wandung sowohl in der Umgebung Buddhas im Heiligtum als auch
im Schnitzwerk der Türen und Galerien <vergl. Abb. 1—2).
Diesen Nat-Deva stehen Scharen bösartiger Geister gegenüber, die sich in zwei Gruppen scheiden. Die
einen sind jene Naturgeister, auf denen noch heute die Kultgrundlage aller nichtbuddhistischen Stämme Birmas
U.
<Abb. 2)
Byammä-Nat
Holzschnitzerei von der Veranda eines
oberbirmanisdi. Klosters, ca Mi nat.Gr.
Mus. für Völkerkunde, München
*> Eine ganz ähnliche Entwicklung zeigen dieselben Götter im japanischen Buddhismus, wo sie als riesige Tempel*
lüter <ni«6) charakteristische Typen, allerdings zur abwehrenden Schreckgestalt umgeformt, geworden sind.