Volltext: Die weissen Blätter (3(1916),1)

TBBeocfor DäuBfer ■ SimuBtanität 
111 
man, bis zum Reichspostamt in Badsteingotik. Und zwar über Land 
und Meer, Eine Schmach brach über uns herein, die nicht wieder 
gut zu machen ist Kunstgelehrten ging das Licht für das Mittelalter 
auf,- man denke: Historiker und das gotische Bekenntnis,- Schulfüchse 
und die romanische Inbrunst! 
Ich will bloß einige Nationalunglücke, die uns beschert wurden, 
anführen: die Verunglimpfung von Stadt und Kirche Ulm. Die Ver* 
irrung zu Marienburg, Die wiederholten Anschläge gegen das Heidei* 
berger Schloß, Die Auslieferung der Ruine Hohkönigsburg im Elsaß. 
Das Verbrechen an Meißen, Die Bedrohung des Hradschins in Prag, 
(Die Toren sehen nicht, daß die prachtvolle Horizontale der Hof* 
bürg bereits mit einem stecken 'gebliebenen Veitsdom rechnet.) Die 
Zurechtrichtung sämtlicher ehrwürdiger Kirchen in Köln, Die mond* 
silbrige Innerlichkeit von Sankt Gereon ist nicht mehr, Maria im 
Kapitol kann man nur noch abends betreten. Und so geht's endlos 
weiter. Wo es etwas Erhabenes in Deutschland gab, dort hat man 
herumgetiftelt, geschmiert und ausgebessert, bis nichts mehr übrig war, 
Handlanger des Materialismus haben die steinernen Offenbarungen 
unserer Mystiker vergewaltigt, Deutschland, was hast du über dich 
ergehen lassen! Wir religiösen Menschen protestieren gegen die Will* 
kür, die Unbotmäßigkeit, mit der man sich über Erbgut macht. Herr 
liches bis zur Unkenntlichkeit wäscht und lackiert. Erhabenes ausrottet. 
Heiliges Köln, du bist nicht mehr! Heiliger Dom, wohl bist du noch 
schön, furchtbarer Mitschuldiger an der Verpfuschung Deutschlands, 
könnte ich dir fluchen? Wie ein Gletschergebirge sah ich dich, von 
Mühlheim aus, ins Augustblau tausendzackig funkeln. Das indu 
strielle Großgewölk konnte nicht bis zu dir hinüber. Unweigerlich 
gipfeltest du, Dom, mit steinernen Sehnsuchtshälsen über alle Mensch 
lichkeit empor ins ewige Sanftblau, Lilasilbriges Eigengewölk um* 
halste dich in riesenhafter Schwanenhaftigkeit. Du wußtest, daß du 
ein Berg bist, denn du hattest Nebel und Wolken, du wußtest, daß 
du zuerst abkühlen würdest, um dann der Stadt Nachtkühle zu 
spenden. Du bist ein Sinai, Kölner Gebirgswelt, Bekennerhand hat 
dich aufgebaut,- du bist der Berg aus unseren Gesetzen hervorge 
türmt: du, du birgst unsere heilige Wolke in Pfeilerhut. 
Ich habe den Kölner Dom betreten. Ein Schritt, und ich war in
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.