Volltext: Die weissen Blätter (3(1916),1)

Gfossen 
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Mein Gott, wie sehnlich wünschte ich, 
daß wir, uns selber treu, den anderen Völ- 
kern mit der Initiative vorangingen, den 
inneren todbringenden Feind zu stellen. 
Vielleicht warten sie in England nur dar- 
auf, um zuzugeben, daß bei ihnen jener 
Militarismus, dem sie bei uns den Garaus 
machen wollen, in Lord Kitchener, auf den 
sie doch so stolz sind, in seinem subal- 
ternsten Glanze erstrahlt,- und daß jener 
Imperialismus, den sie, wo er als Pan* 
germanismus auftritt, so namenlos verab- 
scheuen, in Churchill, von dem sie sich 
doch regieren ließen, seinen typisch groß* 
mäuligen Vertreter fand. Gut also. Lassen 
wir fürs erste die Imperialisten aus dem 
Spiel. Machen wir versuchsweise nur gegen 
unsere Alldeutsdien Front. 
Und so greife ich weiter zurüdc und 
sehe etwas Unheilvolles und Gefähr 
liches in unserer Arroganz. Sie ist es, die 
unserem Verständnis französischerWesens- 
art so sehr im Wege liegt. Und sie ist 
das Bedenkliche und Hinzugekommene. 
Die Franzosen neigen zur Süffisance. 
Sie haben stets etwas von Kindern. 
Wir nie. Das Ominöse und Charak 
teristische bei gewissen Alldeutschen ist, 
daß sich die Arroganz bei ihnen an 
Stelle der Besonnenheit behauptet und 
da Türen zuschlägt, wo sonst Gedanken 
wären. Von mir im Jahre 1904 geschrie 
ben, sogar gedruckt, aber natürlich igno 
riert: »Denn in keinem Lande ist es so 
unmöglich, sidi Gehör zu verschaffen, wenn 
man nicht in Amt und Würden schon er 
graute, wie bei uns. Nur Dichtern, Schau 
spielern und Tänzern ist bei uns Jugend 
bewilligt.« Ich bitte um Entschuldigung, 
wenn ich mich schon wieder selbst zitiere. 
Hatte ich aber nicht recht, wenn mir da 
mals schon vor jenen Leuten bangte, über 
die wir innerhalb des Reiches leichtsinnig 
die Achsel zuckten, während man draußen 
nur allzu gespannt den paar Schreiern, 
wie wir sie verächtlich nannten, auf horchte, 
die so lange an der Höllenpforte rütteln 
halfen und, wo sie einzurosten drohte, sie 
wieder ölten, bis sie sidi von selbst in 
ihren Angeln drehte. Ja, aus meinem 
Deutschtum heraus hasse ich sie, diese 
Schädlinge, wie jene Raupen, die in ihrer 
mörderischen Geschäftigkeit die Farbe des 
Laubes annehmen, das sie zerfressen, und 
sich nicht unterscheiden lassen von der 
königlichen Eiche, deren Tod sie bereiten. 
Denn ihnen danken wir es heute, daß eine 
verblendete Welt mit einer Herzenskälte 
ohnegleichen den beispiellosen Kampf mit 
ansieht, den ein verkanntes Volk bestehen 
muß, nur dem Griechenvolk hierin ver 
gleichbar, ja es noch überbietend. 
Jene humorlose und sonderbare Korpo 
ration aber, welche, den Räuberhut in die 
Stirne gedrückt und den Brigantcnmantel 
über die Schulter geschlagen, so fürchter 
lich verspätet in der Geschichte aufzog, 
schiebt sich heute Bismardc als Gewährs 
mann unter: ihn, dem sie — man kann in 
Anbetracht seiner eigenen unparlamenta 
rischen Ausdrüdce über diese Art von 
Leuten nur ein entsprechendes drastisches 
Wort gebrauchen — schon speifatal ge 
wesen sind, als sie noch in ihren An 
fängen stedcten, weil er wohl ahnen mochte, 
wie sie sich auswachsen würden. Und in 
der Tat fehlt heute nichts mehr zu ihrer 
Entfaltung. Oder wird mir ein Kenner 
Bismarcks entgegnen können, daß die 
Art, mit welchem der und jener seine 
eine ewig selbe Geste des Handschuh- 
hinwerfens meistert, nach Sinn, Art und 
Geschmack die des schmiegsamsten aller 
Staatsmänner sei? Würde sich der Grün 
der des Deutschen Reiches heute von den 
Alldeutschen nicht vielmehr boykottiert, ja.
	        
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