feste Linien gebrachte Zeichnung geliefert haben. War er, wie Dürer,
ein Meister, so verstand er aus der Not eine Tugend zu machen und
das kraftvoll Eindrückliche zu geben.
Das Druckverfahren war im weiteren so, daß die der Künstler-
zeichnung entsprechenden stehengebliebenen Holzrippen des Stockes
mit Farbe eingeschwärzt und auf das weiße Papier abgedruckt wurden.
Der Holzschnitt war also, und ist bis heute, ein Hochdruckverfahren.
Selbstverständlich waren die ersten Abdrucke in der Regel die besten;
denn mit der Zeit erlitt der Stock Beschädigungen, dünne Teile brachen
unter der Beanspruchung des Druckes aus, feine Vertiefungen füllten
sich aus, so daß die späteren Drucke sich immer weiter vom ursprüng-
lichen Gedanken des Künstlers entfernten.
Wenn man heute auch ziemlich allgemein annimmt, daß Dürer selbst
nicht in Holz geschnitten habe, so wird man doch gerade in seinem
Fall annehmen dürfen, daß er, sorglich und von leidenschaftlicher
Gewissenhaftigkeit wie er war, auf die Tätigkeit der Formschneider
ein wachsames Auge gehabt und sie dazu herangebildet haben wird,
seinen Wünschen zu folgen. Ob er den Druck selbst besorgte, wissen
wir nicht, doch scheint es auch da wahrscheinlich, daß er mindestens
die ersten Abdrucke überwachte; denn der Farbauftrag auf die Platte
und der Druck ist auf die Qualität eines Abzuges nicht ohne Einfluß.
War der Holzschnitt eine Kunst für die Vielen, so wendete sich der
Kupferstich mit seiner minutiös kläubelnden Technik eher an den
philologischen Sinn des gelehrten Liebhabers und Kenners. Hier war
der Künstler bis zuletzt selbst am Werk, bearbeitete eigenhändig mit
den scharfen Sticheln die Metallplatte, die also, im Gegensatz zum
Holzstock seine unmittelbare Handschrift trug, freilich eine durch die
Widerstände des harten Kupfers geformte und bestimmte Handschrift.
In das Metall grub sich der Stichel nicht so tief ein wie in das weichere
Holz. Auch der Druck geschah anders als beim Holzschnitt; der
Kupferstich ist ein Tiefdruckverfahren. Die Platte wird zwar ebenfalls
eingeschwärzt, aber so, daß die Farbe die vom Stichel gezogenen
Linien ausfüllt. Dann muß sie sorgfältig rein gewischt werden, so, daß
die Druckerschwärze nur in den gezeichneten Vertiefungen bleibt, die
ungeritzte Kupferplatte aber spiegelblank ist. Das feuchte Papier wird
nun so auf die Platte gepreßt, daß es die Farbe aus den Vertiefungen
aufsaugt und die Rinnen des Stichels als Linien wiedergibt. Gerade
umgekehrt wie beim Holzschnitt sind es also die Vertiefungen, welche
die schwarze Zeichnung geben. Selbstverständlich sind auch hier die
frühesten Drucke die besten, .da sich die feinen Vertiefungen im Laufe
13