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Verwendung von Kirdientonarten und hohlen
Quintschlüssen. Die weitausholende, bis nach
China- greifende Exotik, in der ihm auch der
verwandte aber technisch geschicktere Mily Ba*
lakirew nicht gleichkommt. Auf diesen Mous*
sorgsky baut sich nun, freilich (typisch genug!)
mit dem Umweg über Paris und Debussy, die
ganze neue russische Musik auf.
Erwähnenswert alsBereicherer der Harmonik
und Einführer der Ganztonskala in die rus*
sische Musik\ ist der 1861 geborene Wladimir
Rebikow, den seine Bestrebungen um das Ge*
samtkunstwerk zu dem eigentümlichen Resultat
der Meloplastiques führten. Die Lieder, in
denen der Text durch Mimik und andeutende
Gesten im Einklang mit der Musik ausgedriidct
werden soll, bedeuten wohl nicht Viel mehr als
ein gelungenes Experiment, das schließlich nur
der Pantomime ins Handwerk pfuscht.
Sergei Rachmanninow, dessen vielgetanztes
Prelude in 'Cis-moll seinen Komponisten in
Deutschland berühmt machte, geht harmonisch
weiter. Da gibt es schon gewagte Quintketten.
Kühne enharmonische Umdeutungen, spitze
Bindung entlegenster Akkorde. Die Musik wird
intertonal. Lind wie gern ist Rachmanninow
melancholisch! Lind wie wundervoll kitschig zu
weilen ! Ich denke nur an die sprühende, geile,
orientalische Serenade in B. Dagegen kann der
soignierte Rimsky-Korsakow mit seinen orien
talischen Märchen-Suiten nicht heran! O köst*
liches Harem. Deine Augenbrauen, o Herrin,
sind wie die Mondsichel im Monat Ramadan.
Tanze, o Herrin! Sieh, wie die Nacht sich er*
buntet! Hör", schon klingen die Guitarren . . .
Plötzlich war Scrjäbine da. Und er, 1872
geboren, trug die Sehnsucht nach dem letzten
befreienden Klang. Prometheus schwang er die
Fackel. Seine Kultur ist die feinste, franzö
sischste,- sie quälte ihn und trieb ihn zugleich.
Und so schrieb er, rastlos zwischen zerrissenen
Konzertabenden seine ersten Walzer Preludes,
Etüden,- lauter melancholische brillante und sehn=
süchtige Salonmusik. Auf einmal kommt die
Wandlung. Blitzhalt stellt sich vor ihm sein
innerer Mensch, droht ihm, siegt. Die Har-
monik bekommt jene „Bizarrerie", über die sich
die Kritiker des gesamten Kontinents moquieren.
Die Pariser Glätte schwindet: Die Form wird
eckig, alles aufs äußerste beschränkt. Nun ent*
steht jene konzentrierte, aphoristische Klavier
musik, die Poemes, Danses, Preludes, Masques.
Scrjäbine schreit. Er packt Lichtstrahlen, ein
paar Klänge, formt sie: Der „Prometheus*' steht
da. Das Experiment des Rebikow vergeistigt
sich. Scrjäbine stellt Farben neben die Musik,
die mit ihr klingen, sich bewegen, uns aufwühlen.
Für jeden Klang hat er eine besondere Licht
wirkung. (Deren Tabelle Sabanejew aufstellte.)
Mystische Quarten-* und Ganztonakkorde bilden
die Harmonie dieses exaltierten Werks. Solche
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Aufschreie und Dämmerungen schuf keiner nach
oder vor ihm. Es gibt nichts Eigentümlicheres
als diese schwüle, sinnliche, flammende und
sirenenhaft verschleierte Musik. Maßlose Kraft,
ursteinige Felsblöcke türmt Prometheus. Zi*
sehend entleuchtet sein Feuer. Scrjäbine geht
weiter zu seinem Poeme d'Ekstase, zu seinen
letzten Klavierstücken und Sonaten. Die LIr*
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kraft, den Fanatismus des Russen, eint er mit
unerschöpflicher harmonischer Phantasie. Kein
Wunder, daß seine überragende Persönlichkeit
alle Jungrussen mit sich riß. (Zu den wenigen
Ausnahmen zählt der kürzlich verstorbene ge*
niale E. B. Onegin.) Nach seinem Tode 1915
kamen nur noch wenige in Betracht. Für Deutsch*
land nur sein akademischer Zeitgenosse Gla*
zounow, der Stärkstes in der Bearbeitung sla*
Wischer, ungarischer und exotischer Populär*
Melodien schuf.
Als Klavierist endlich der erwähnte Saba*
nejew, der unermüdlich für Scrjäbine warb und
sehr von ihm abhing.
Der jüngstenDebussy*Nachfolge zuzurechnen
ist der Lyriker Mjaskowsky, der weiter in die
Zukunft weist, als man heute vermutet. Seine
„Skizzen" auf Texte von Iwanow zeigen, bei
mangelnder Kraft, eine subtile, lyrische Fas*
sungsgabe. Ganz tief ist die Mystik in dem
einen Gesang: Das Tal ein Tempel. Hier
rauschen Vorhänge auf von versunkensten
Städten,- blau tönen tiefe Tempelglocken über
zitternden Betern. Auch bei ihm starke Nei*
%
gung zum Exotischen,- nach Indien und China,