Volltext: Die Wahrheit über Anna Blume

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Man fühlt wohl: es geht nicht um Gemaltes und Ge 
schriebenes/ es geht um künstlerische Gestaltung. Das 
Zünftige schwankt. Die überlieferten Mittel der Malerei 
verlieren an Herrschgewalt. Man greift zu anderm. Wille 
zum Ausdruck geht über die alten Grenzen hinaus. 
Auch Schwitters kam zu Kombinationen. Er nagelt und 
klebt seine Bilder in Verbindung mit Malerei. Papierstücke, 
Holz, gegebene Gegenstände dienen neben Farbe, Lein 
wand und Pappe als Material. 
Wesentlich ist, daß die ursprüngliche Bedeutung der Ge 
genstände keine Rolle mehr spielt. Sie haben lediglidi künst^ 
lerische Werte. Werden naiv benutzt: eine Scheibe als Fläche, 
Draht als Linie. Drahtnetz als Lasur, Watte als Weichheit. 
Ziel ist immer das Bild. Die Anschauung blieb. 
Es gibt kein künstlerisches Gesetz, das diese Ausdrucks 
art verbietet. Für Schwitters war sie Notwendigkeit: 
weiteres Abrüchen vom Überkommenen, eine noch aus 
drücklichere Betonung geistiger Vorherrschaft." 
Nebenbei sei bemerkt, daß die Titel dieser Merz-Bilder 
lediglich Bezeichnungen sind, die sich aus irgendeinem 
äußeren Umstande ergeben. Sie sollen also das Bild nicht 
„erklären" und haben keinerlei Beziehung zur Bildidee oder 
der Stimmung, die ausgedrückt werden soll. Man könnte 
die Bilder ebensogut numerieren. — — — 
Bald nach der Entstehung jenes Aufsatzes sah ich bei 
Schwitters ein neues Merzbild. Quer darüber waren die 
Worte geschrieben „Anna Blume hat ein Vogel". 
Man darf einen Künstler nie fragen, wie er zu diesem 
oder jenem kommt. Meistens weiß er es selbst nicht. 
Und wenn er es weiß, scheut er sich, es auszusprechen. 
Mir war dieses Bild ein Erlebnis:
	        
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