9 Hennings, Brandmal
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Hause wohnt. Sie hat mich Frau Schneider empfohlen,
obgleich das immerhin ein wenig riskant für Djemma
war. Aber sie ist mir freundlich gesinnt und hofft wohl
nicht, daß ich sie Lügen strafen und mich eines Tags der
„Anständigkeit ergeben" werde, wie man hier im Hause
zu sagen pflegt. Die Versuchung hierzu genügt, um als
lasterhaft verschrien zu werden, und diese Schande erträgt
sich auch nicht so leicht. Wie ich bemerken konnte.
Als nämlich ein Mädchen eine Stellung als Buchhal
terin annahm, ging ihr Freund auf Veranlassung an
derer Mädchen zum Chef und machte ihn darauf aufmerk
sam, „was für eine" er in sein Haus genommen habe.
Das Schneiderhaus und das ganze Cafe waren in ihrem
Klassenbewußtsein tief gekränkt und man triumphierte, als
das Mädchen richtig die Kündigung bekam.
Jetzt getraut sie sich nicht mehr, eine Stellung anzu
nehmen, möchte gerne in eine andere Stadt übersiedeln,
aber auch das ist nicht einfach, denn sie hat Schulden hier
im Hause, und das ist ein unglückliches Zusammentref
fen.
Ich habe mit Djemma beratschlagt, ob wir für die
Schulden — es sind dreihundert Mark — nicht Kaution
leisten sollen. Ich weiß, Djemma hat ein gutes Herz, und
so war es auch keine Gefühllosigkeit, daß sie mir diese
Bitte abgeschlagen hat. Henny, sagte ich, wird uns das
Geld schon nach und nach wieder schicken. Aber Djemma
wollte nicht recht daran glauben. „Dreihundert Mark",
meinte sie, „ehrlich verdienen und wegschicken, ist keine