2 Hennings, Brandmal
17
in die lachende Richtung zu sehen. Da sitzt eine Dame in
knallgrüner Bluse. Die lacht über mich. Wenn sie wüßte,
daß sie ohne Grund lacht, würde sie vielleicht nicht la
chen. Wenn sie wüßte, wie sie mich durch ihr Lachen
quält, würde es sich vielleicht für sie nicht lohnen, zu la
chen. Ob das Lachen überhaupt ein Vergnügen ist? Ich
glaube, ich bin nicht dumm genug, um lachen zu können.
Wenn ich so gescheit geworden bin, daß ich weiß, um was
es sich auf der Welt handelt, werde ich vielleicht wieder
lachen können.
Die Frau lacht weiter, aber ich darf sie natürlich auch
nicht ansehen und über das Lachen nachdenken. Ich stu
diere den Wohnungsanzeiger. Ach, die vielen möblierten
Zimmer, die einen immer daran erinnern, daß man sich
irgendwo hinzutragen hat! Im Bett landen, diese Aufent
haltsstation wiederholt sich beinahe täglich. Ich möchte
eine Ausnahme machen, und singe ganz leise: „Morgen
rot, Morgenrot, leuchtest mir zu frühem Tod. .
Aber das nützt mir wenig und ich präge mir die Stra
ßennamen der Stadt Köln ein, damit sie mir nicht gar so
fremd klingen . . .
„Möbliertes Zimmer, Klavierbenützung, Familienan
schluß" . . . Das wird wohl niemanden verführen. Mir
ist schon beklommen, wenn ich es nur lese. Da bekümmere
ich mich lieber um den Ernst des Lebens. Das ist der Ar
beitsnachweis.
„Gut empfohlene, intelligente Mädchen finden Beschäf
tigung." So leichtsinnig ist noch niemand gewesen, mich
zu empfehlen.