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fiel ein, was das Singen doch für ein Irrsinn ist. Als 
sei das Sprechen nicht schon zuviel. 
Der Direktor wühlte im Rollenmaterial und ich ver 
spürte Lust, ihm einen Vortrag zu halten über die Ko 
mödie im allgemeinen. 
Ich unterließ das, weil er so kindlich und stolz seine 
blauen Hefte durchblätterte. 
Ich fragte mich: will ich denn eigentlich Theater spie 
len? Und die sechs Jahre, die ich beim Theater verbracht 
hatte, erschienen mir wie ein Traum. 
„Was spielen Sie?" 
„Kein bestimmtes Fach. Ich spiele alles, was mit mei 
ner äußeren Erscheinung nicht allzusehr im Widerspruch 
steht. Ich kapriziere mich nicht auf weibliche Figuren. Ich 
habe den Grafen Keßler in der ,Schmetterlingsschlacht" 
gespielt, freilich in Birnbaum, Provinz Posen. Aber es 
ist mir gelungen. Zwar die Offiziersstiefel waren mir zu 
groß und reichlich schwer, aber das hat ja mit der künst 
lerischen Leistung nichts zu tun." 
„Aber sicher, aber sicher." 
Ich überlege mir weiteres. Ich muß dem Herrn I. ja 
Ausnahmefälle vorführen, sonst engagiert er mich nicht. 
Aufrichtig wie bei einer Lebensbeichte berichte ich, daß 
ich die „Berühmte Frau" spielte, als ich schwanger war. 
Diesen Umstand kann ich durchaus nicht verschweigen. 
Mir ist, als habe ich damit, daß ich ein Kind bekam, 
den Gipfel der Berühmtheit erreicht. Alle anderen Fähig 
keiten treten davor in den Hintergrund. 
Direktor I. ist ein älterer Mann mit gesprenkeltem
	        
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