228
und ich bin heute noch nicht sicher, ob es nicht wirklich so
war.
„Sie brauchen doch die Augen nicht niederzuschlagen
über eine Revue, die Sie nicht verfaßt haben," sagte er.
„Sie sind doch nur Darstellerin."
Davon wollte ich gar nichts wissen.
„Aber indem ich spiele, erkläre ich mich mit dem Ver
fasser doch einverstanden," antwortete ich. „Ich will das
Wort, das ich spreche, auch vertreten."
Kurz, ich möchte nur etwas darstellen, wofür ich mich
begeistert einsetze. Diese untergeordnete Stellung ertrage
ich nicht länger.
Am Buß- und Bettag bin ich durchgebrannt. Den Tag
hatte ich mir heimlich schon ausgesucht.
Bin nach Münster gefahren. Das ist die Stadt, wo
ich die Pleite in der Festhalle durchgemacht habe.
In Münster gastiert ein neu gegründetes Ensemble.
Das ist eine Aussicht für mich. Davon aber abgesehen:
ich wäre auch ohnedies hingefahren. In Münster lebte
ich doch, bevor ich nach Köln ging.
Die Fahrt in der Nacht, vierter Klasse. Es war kalt,
aber Hennys seidengefütterter Mantel wärmte mich. Ich
habe den Mantel bordeauxrot färben lassen. Die Farbe
sieht nachts so schön aus.
Es gefiel mir so, in die Dunkelheit aufs Geratewohl
zu fahren. Eine Stunde lang war ich ausschließlich
glücklich darüber, daß ich so jung bin. Und hatte ein