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Hannover, Moulin Rouge.
Engagementwechsel wegen einem englischen Tänzer, der
den Einfall hatte, mir nachts auf der Straße mit der Sil
berkrücke seines Spazierstocks an den Kopf zu schlagen.
Nach ein paar Tagen Wundfieber ist alles wieder gut
geworden. Liane schrieb mir von Hannover, ich könne gut
dort eintreffen, es sei sehr lustig und viel Geld zu verdie
nen. In der Eile habe ich mir noch ein billiges Reisekleid
kaufen muffen. Das gelbe Kleid war ganz steif und dunkel
von Blut, vorne Jackett und Rock ein schwärzliches Rot.
In der chemischen Waschanstalt sagte man mir, Blut
flecke seien schwer wegzubringen, aber ich habe das Kleid
doch mit in den Koffer gepackt. Leider riechen alle meine
Sachen nach Blut, es ist abscheulich und kann obendrein
verdächtig wirken. Zum Glück habe ich noch den Zeitungs
ausschnitt, mit dem ich nachweisen kann, daß nur mein ei
genes Blut über meine Kleider geflossen ist. Obendrein
auch die halbverheilte Wunde am Kopf. Das ist eine
glückliche Legitimation.
Ich kann mich nicht entschließen, das gelbe Kleid wegzu
werfen. Hab' es doch reichlich schwer verdient. In der
Waschschüssel habe ich es nachts eingeweicht, bin aber
genötigt, es am Tage naß in den Koffer zu legen. Das ist
nicht angenehm. Aber was kann ich machen? Soll ich der
Wirtin und dem Dienstmädchen anvertrauen, woher die
vielen Blutflecken stammen? Die würden mich nur in Ver
ruf bringen.
Ich dachte gar nicht, daß aus einer einzigen Wunde am
Kopf, die nicht größer als ein knappes Zweimarkstück ist,