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Die Brust tut mir weh. Die Feuchtigkeit des Frühnebels
dringt aus der Erde. Die betauten Bäume duften nach
Harz. Da ist Leben.
Ich schließe die Augen und die Kälte steht still in
mir. Ich kann ja nicht in den Schlaf kommen, obgleich
ich so müde bin.
Dann ist es nur eine Empfindung, die langsam, aber
unbarmherzig deutlich sich immer mehr in mir verstärkt:
ich hab' mir was weggeholt. Die Kälte. Ich werde sie
nie wieder los. Werde nie wieder vergessen können: diese
Kälte.
Am Morgen überlasse ich mich den wärmenden Son
nenstrahlen. Ich sitze auf einer anderen Bank. Vor mir
steht das steinerne Denkmal, das eine Königin darstellt.
Sie sitzt in einem prächtigen Sessel. Sie trägt ein rei
ches, weites Kleid. Die Königin wird von Kissen gestützt,
an denen reiche Kordeln hängen.
Die ist der Sonne näher und hat es gar nicht nötig,
denn sie fühlt nichts. Dennoch hat man so viele Umstände
mit ihr gemacht.
„Ich habe Hunger!" möchte ich in den jungen Morgen
hineinrufen, aber mir ist, als würden die Menschen das
zu romantisch finden, mir vielleicht nicht einmal glau
ben.
Der Stadtpark soll wohl heiter sein, aber für mich ist er
ein schlecht arrangiertes Wohltätigkeitssest. Wann habe
ich mir zuletzt Brötchen gekauft?