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nicht übernehmen, denn man kann keine Sache vertreten,
an die man nicht glaubt.
Meine Zunge hat jetzt acht Wochen beinahe in meine
Tasche gelogen, und länger geht es nicht. Das Gewissen
wachst mir über den Kopf. Für ein Verkehrshindernis
Propaganda zu machen, das ist mir zuviel. Ich halte das
nicht aus. Ach, wenn ich an die arme Frau denke, die im
Wolkendampf ihrer Küche stand und mir ahnungslos eine
Tafel abkaufte! 2ch bin zu ihr zurückgekehrt und habe
gesagt: „Es war nicht recht von mir, daß ich Ihnen diese
Tafel verkauft habe."
Ich sah, sie lebte in großer Armut.
Sie aber versteht es ganz anders und sagt:
„Ist Ihnen übel, Fraulein? Sie sehen ja kreideweiß
aus. Da, nehmen Sie einen Schluck Wasser."
Ich machte ihr begreiflich, daß es sich nicht darum han
delt, und legte ihr die sechzig Pfennige auf den Tisch.
„Vielleicht geben Sie mir die Tafel zurück," sagte ich.
Aber sie hing schon an der Wand, neben einer Rauch
wurst. Es sei ja auch nebensächlich, sagte ich, ob ich die
Tafel wieder bekomme. 2ch war so müde.
Da sagte die Frau: „Aber was soll denn das Geld?
Ich hab' doch die Tafel gekauft."
„Das ist es ja eben," sagte ich. „Sie sollten sie nicht
gekauft haben."
„Nanu, was soll denn das?"
Da wurde ich ganz verzweifelt: „Geben Sie mir doch
das Wasser." Das hatte ich nämlich vorher abgelehnt.