Volltext: Flametti oder vom Dandysmus der Armen

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-4. 
Versammelt waren bereits sämtliche Damen 
von Ruf. Vorne am Künstlertisch, wo sie heute 
nicht gerne gesehen war, sass Fräulein Amalie in 
braunem Samtkostüm mit Bolerohut, schon iseit halb 
acht. Den Zwergpintscher hatte sie auf den hohen 
Busen gesetzt. Das gab ihr viel Air. Ihre Beine, elast 
ische Sägmehlbeine, baumelten unter den Tisch, und 
sie spielte mit einer der Hängrosenranken. Eine Zi 
garette rauchte sie. Ihr Verhältnis war Eisenbahner; 
heute hatte er Nachtdienst. Brillanten blitzten an ihren 
Fingern. Die spitzigen Halbschuhe aus feinstem Rinds 
leder reichten nicht ganz auf den Boden. Auch schien 
das 1 Strumpfband gerissen: die braunen .Wollstrümpfe 
knäulten Sich unter den Waden. Das Hündchen aber 
auf seiner exponierten Stelle drehte den knappen Popo 
und konnte sich gar nicht genugtun vor Freude, dabei 
zusein. 
Weiter drüben, auf den besten Mittelplätzen, sassen 
der runzliche ,Totenkopf' und seine Schwester. Der 
,Totenkopf' war die berufenste Dame\der Fuchsweide. 
Allabendlich Gast des Flametti-Ensembles. Weiss ge 
schminkt, die Augenhöhlen gerötet, sass ihr Gesicht 
auf dem kropfigen Hals. Unruhig schob sie das Hinter 
quartier auf dem Stuhl hin mnd her, blickte sich um 
nach den eintretenden Gästen, band sich das Strumpf 
band fester und schob währenddessen den sechsten 
Kuchen zwischen das goldne Gebiss. Sie konnte sich’s 
leisten. Die Schwester des ,Totenkopf' hatte das Leder 
täschchen über die Stuhllehne gehängt, tupfte die rote 
Nase ein wenig mit Puder und Taschentuch, und juckte 
sich mit dem linken Fuss an der abgewetzten Innenseite 
des rechten Knies.
	        
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