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dianer* unter sotanen Umständen kompromittabel war
für die ganze moralische Tradition der Fuchsweide!
Nein, nein, das ist Freibeuterei, das ist Lästerung. So
sind wir nicht. Da tun wir nicht mit. Man verschone
uns!
Flametti fühlte wohl, dass man sich zurückzog von
ihm, dass er umsonst sein Talent ausspielte. Es ver
fing nicht mehr. Die russischen Freunde Fräulein Lau
ras waren die einzigen Gäste, die noch immer klatsch
ten, wenn er mit Augen, blutunterlaufen vor ästhe
tischer Anstrengung, auf der Bühne lächelnd seine
Feuer- und Fakirnummer absolvierte; die ihn einluden,
Platz zu nehmen, wenn die Nummer vorbei war und
er, an ihrem Tisch stehend, mit souverän-salopper In
differenz von seinem speckigen Gehrockkragen die
verirrten Spritzer des Petroleums wischte, das er in
langen, brausenden Flammen, jeinem Höllenfürsten ver
gleichbar, lausgespuckt hatte.
Seine Feuernummer liebte Flametti abgöttisch. Ein
Pyromante und Sadist war er von Natur. Und wenn
er, ein wenig angetrunken, oder berauscht von Opium,
darauf verzichtete, das Petroleum, das ihm vom Mund
tropfte, abzuwischen, dann schimmerten seine wulsti
gen Lippen in jenem bläulichen Fäulnisschein, der ge
mischt mit Trauer und Melancholie, jenen Sendboten
der Hölle eignet, die in Wahrheit Zeloten des Edel
sinns und Verdammte der himmlischen Bourgeoisie sind.
Der Polizeihauptmann Schümm schickte seine Kom
missäre immer häufiger um Auskünfte, Recherchen
und Feststellungen.
Flametti, an unbehelligte Freiheit gewöhnt, riss die
Geduld.