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Flamettis Personal war: interessant. Er hatte eine
Nase für natürliche Begabung. Auf Agenten, Kritiken
und Renommage gab er nichts. Selber sehen! Kerle
brauchte er, Personnagen. Talent kam in zweiter
Linie. Mochte das Talent einen Knacks haben, die
Stimme einen Knacks, die Figur einen Knacks. Wenn
nur der Kerl, der dahinterstand, etwas zu sagen hatte.
Flametti hatte einen Blick für die gebrochene Linie.
Einen Blick für jenen Moment, in dem etwa eine
Kabarettistin reif wurde fürs Variete. Da setzte er
ein. Da bemühte er sich. Da lief er.
Und immer: das menschliche Interesse an seinem
Mitglied stand im Vordergrund. Herr oder Dame:
ihn interessierte zumeist, was sie erlebt und gesehen
hatten. Gute Manieren. Kein Engagement ohne tage
lange vorherige Beobachtung. Schicksale muss jemand
gehabt haben, um interessant zu sein für Flamettis
Ensemble. Schicksal brachte Vielseitigkeit mit sich,
Ueberraschungen, Anlagen, Geist. Seine Mitglieder
mussten sich bewegen können. Welt mussten sie
haben. Versiert mussten sie sein. Vornehmheit war
nicht seine Sache. Dahinter steckte nicht viel. De
klassierte Menschen, gerempelte Personnagen sind die
gebornen Artisten. Im Druck muss man gewesen sein,
um Artist zu werden.
Unter fünfzig Mädels, die auf der Strasse das
Täschchen schwenkten, waren zwanzig Soubretten. Es
kam nur darauf an, sie davon zu überzeugen. Unter
fünfzig Apachen, die keiner beachtete, zwanzig Aus
brecherkönige, Zauberkünstler, Jongleure. Es kam nur
darauf an, sie zu finden und durchzusetzen. Und gerade