43
sehen verlangt, sich standesgemäss zu nähren, zu klei
den und zu Triumphen geführt zu werden.
Obendrein: eine Konkubinatsstrafe von hundertacht
zig Franken war zu zahlen — der Beamte der Kriminal
abteilung hatte zweimal bereits die Quittung präsentiert
— und von der Fischerei konnte man das nicht bestrei
ten. Das wusste Flametti selbst.
Aber Schlager fallen nicht vom Himmel. Er hatte
schon seine Pläne. Man brauchte ihn nicht zu hetzen
und die halbe Nachbarschaft dabei zuzuziehen.
Gar diese Lena: Ein schönes Stück Malheur! Die
musste dann gerade noch kommen! Grausliches Weib!
Keine galante Erinnerung aus seiner Direktorenzeit
war Flametti unangenehmer als diese. Ein Vampir.
Nicht von der Spur wich sie, wenn sie einmal Blut
geleckt hatte.
Tüchtig war sie, als Pianistin. Russisch sprach sie
auch, von Lodz her. Aber ein Mundwerk hatte sie wie
ein Schwert. Eine böse Zunge. Und das nun verstand
Flametti nicht, wie Jenny sich mit ihr einlassen konnte.
Man soll ihn in Ruhe lassen. Es wird es schon
machen. 1 — I ' ' _
Die Hände in beide Hosentaschen gesteckt, so
dass der Rockschoss weit hinten abstand, den breit-
krämpigen Filzhut tief in die Stirne gerückt, froh, sei
nem häuslichen Glück entronnen zu sein, schickte Fla
metti sich an, einen Gang zu unternehmen durch sein
Revier.
Dieses Revier nannte sich „Fuchsweide“ und war
der Konzert- und Vergnügungsrayon aller lebenslustig
abseitigen Kreise der Stadt. Treffpunkt der grossen
Welt, Schlupfwinkel einiger unsicherer Elemente, zu