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Das Wort und das Bild.
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muß die Läuterung beginnen, die Imagination muß gereinigt
werden. Nicht durch Verbote, sondern durch einen strengeren
Umriß im literarischen Ausdruck.
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Der Desperato als der experimentelle Typus. Er hat keine
Rücksichten zu nehmen, nichts zu riskieren. Er hat seine ganze
Person zur Verfügung. Er kann sein eigenes Versuchskaninchen
sein und darf der eigenen Vivisektion erliegen. Niemand kann
es ihm wehren. Welch merkwürdigen Dingen man da begegnet!
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16. VIII. Die Sprache als soziales Organ kann zerstört sein, ohne daß
der Gestaltungsprozeß zu leiden braucht. Ja es scheint, daß die
schöpferischen Kräfte sogar gewinnen.
1. Die Sprache ist nicht das einzige Ausdrucksmittel. Die
tiefsten Erlebnisse vermag sie nicht mitzuteilen (zu beachten bei
der Bewertung der Literatur).
2. Die Zerstörung des Sprachorgans kann ein Mittel der Selbst
zucht werden. Wo die Verbindungen unterbrochen sind, wo jede
Verständigung auf hört, dort wächst die Zurückversenkung ins
eigene Selbst, die Entfremdung, die Einsamkeit.
3. Worte ausspeien: die öde, lahme, leere Sprache des Men
schen der Gesellschaft. Feldgraue Bescheidenheit oder Verrückt
heit simulieren. Innerlich aber in hoher Spannung bleiben. Eine
unverständliche, uneinnehmbare Sphäre erreichen.
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,Irrsinnig schön', das will sagen: aus der letzten, gefähr
lichen Tiefe geschöpft. Was ist es aber, daß mich ein solches
Wort jetzt nicht mehr begeistert, sondern verstimmt? Wer mit
den Dingen zusammenstößt, wird es derselbe sein, der sie har
monisiert? Das ist es wohl, was mich traurig macht.