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Das Wort und das Bild.
Beim Typus des modernen Literaten (beim Dandy) lebt etwas
von der stilistischen Eleganz und Überlegenheit der Humanisten
fort. Die (literarische) Stilisierung der Tatsachen, das heißt ihre
Aufnahme in eine persönliche Form, ist wichtiger als die inter
essanteste, aber formlose Konklusion der Tatsachen selbst. Was
zweierlei Komplizierungen nicht ausschließt: 1. daß der Literat
eine objektive Stilisierung erreicht, und 2. daß der Gelehrte eine
stilisierte Conclusio vorträgt.
*
Aus „Flaubert und die Kritik“ von Heinrich Mann:
,Man muß nur eines lieben: die Schönheit, die absolute
Schönheit, die vom Persönlichen unabhängig, vom Stoff, ja viel
leicht vom Sinn der Worte unabhängig, in Sätzen, die wie kabba
listische Formeln sind, ein ihrem Priester selbst unbegreifliches
Dasein hat.*
Da ist sie schon, die ,objektive Schönheit*. Aber noch ein
Satz:
,Wo es ging, sah er in Kritiken Haß; und wo es nicht möglich
war, staunte er. Unergründlich muß er die verachtet haben, die
,Herz* von ihm forderten. Die Keuschheit und das göttliche
Gemisch aus Verachtung und Verstehen in einem Meister, der
verhüllten Hauptes hinter seiner Welt bleibt, dulden diese Herz
lichen nicht.*
Begreiflicherweise; denn sie suchen die ,Natürlichkeit* dessen,
der das Natürliche nicht anerkennen kann, ohne auf sich selbst
zu verzichten.
*
Ich schlage ein neues Gesellschaftsspiel vor. Man lese sich
beliebige Sätze aus den führenden Zeitschriften vor und lasse
danach den Autor erraten.