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Von Gottes- und Menschenrechten.
behandelt, seine Moral bricht und ihn als willenloses Werkzeug
nimmt.
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In solcher Gesinnung hat Preußen die mönchische Zucht des
Klosters auf die Kaserne übertragen. Die einschlägige Literatur
verrät es auf Schritt und Tritt. Im selben Maße aber, als die
Askese, sagen wir der preußischen Ordensritter, entweiht, kaser
niert und populär wurde, schwand sie aus dem disziplinären Be
wußtsein des übrigen Deutschland. Jene Art von diabolischer
Übung, die in Preußen vom großen Kurfürsten an getrieben wird,
verdient diesen Namen deshalb, weil sie immer unmißverständ
licher der Erniedrigung und dem Vernichten dient. Ein Satz wie
der von Scharnhorst: ,Hat die Vorsehung irgendeine neuere Ein
richtung dem Menschen unmittelbar eingegeben, so ist es die
Disziplin der stehenden Armee. Durch diese allein ist ihr Werk
gegen eine sonst unvermeidliche Zerstörung gesichert, und der
Mensch, der diese geheiligte Einrichtung verdächtig zu machen
sucht, weiß nicht, was er tut oder verdient nicht den Namen eines
Menschen' —: ein solcher Satz hat Wort für Wort seine Richtig
keit, wenn man ihn nimmt und von der preußischen Armee auf
das stehende Heer des Jesuitenordens überträgt. Ich sage das
nicht im Scherz, sondern im gefaßtesten Ernst, und ich möchte
damit bedeutet haben, daß diese Art von preußischer Askese
nicht mit liberalistischer Oratorik zu bekämpfen und zu erschüt
tern ist, sondern nur durch eine ebenbürtige, geistige Disziplin.
Die heftige Abneigung unseres Görres gegen Preußen, jenes
Görres, der die mittelalterliche Mystik wieder entdeckt hat, sie
kann im Grunde nur in seiner scharfen Witterung für die preußi
schen Blasphemien begründet gewesen sein.