Volltext: Die Flucht aus der Zeit

Die Flucht zum Grunde. 
289 
nicht, andere ebenbildliche Wesen hervorzubringen. Es bedarf 
dazu eines produzierenden Willensaktes. 
Wie Johannes v. Kreuz substanzielle Worte kennt, die, weil 
sie reine Gottesgedanken sind, alle Realität besitzen und darum 
in der Seele, der sie sich eingesprochen, sogleich alles Gute her 
vorbringen, das sie bezeichnen, so kennt Plotin substanzielle 
Wahrheiten, wenn nach ihm nur jenes Denken real ist, das seinen 
Gegenstand völlig besitzt. Die Ideen sind dergestalt nicht nur 
Urbilder der Einzelwesen, sondern auch Ursachen ihrer Ent 
stehung; mit anderen Worten, der Intellekt hat zeugende Kraft 
(was ganz offenbar falsch, oder zum mindesten sehr fraglich 
ist, weil der Intellekt zwar kritisch und rezeptiv, prüfend und 
trennend Bewegung schafft, nicht aber liebt und beströmt). 
Völlige Zustimmung dagegen hat sein Satz, wonach immer 
das höhere Wesen das Niedrigere umfaßt, hält und trägt. Ebenso 
der Satz, wonach alle Wirkungen der Welt geistiger oder seeli 
scher Art sind, Druck und Stoß aber nur die letzte materielle 
Folge hiervon und unwesentliche Anhänge von Entscheidungen, 
die längst vorher in der obersten, feinsten, der geistigen Sphäre 
gefallen sind. 
Auch damit lösen sich viele Ahnungen und Schwierigkeiten, 
daß er bürgerliche, läuternde und extatische Tugenden unter 
scheidet. Die einen gehen den Staat, die andern die Kirche, die 
dritten gehen Gott selbst an. Wenn ich recht verstehe, setzt in 
dieser Stufenfolge eine Tugend die andere voraus und würde 
ohne sie nicht möglich sein. Ausdrücklich erklärt Plotin, daß 
die Praxis um der Theorie willen da ist, nicht etwa, wie es heute 
so selbstverständlich erscheint, die Einsicht nur der Praxis zugute 
kommt. Zur letzten Einheit kann man (selbst nach dem Rationa 
listen Plotin) nicht mehr durch das Denken gelangen, da diese 
Einheit jenseits von allem Denkbaren liegt; sondern nur durch 
die Ekstase. In ihr schwindet alle Vielheit der Vorstellung aus 
Ball, Die Flucht aus der Zeit. 19
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.