Volltext: Die Flucht aus der Zeit

Das Wort und das Bild. 
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zen Havelock und streift, wenn er zwischen den Tischen durch 
geht, mit seiner umfangreichen Mantille die Weingläser von den 
Tischen. 
* 
Die Maudits und Decadents leben, diejenigen aber, die ihnen 5. IV. 
den Himmel streitig machten, sind verschwunden. Wie ist das 
möglich? Sie müssen gesünder gewesen sein und weniger ver 
rucht, als es den Anschein hatte. Sind aber Tod und Teufel nicht 
identisch? Und wer sterben kann, hat er denn gelebt; blieb 
er nicht von Anfang an in der Materie stecken? Alle Hierarchie, 
ja vielleicht alle Ordnung auf Erden hängen von der Dauer und 
ihren Qradstufen ab. Was überholt und überboten werden kann, 
ist schon gerichtet. 
Mit H. läßt sich gut debattieren, obgleich oder weil er im 
Grunde gar nicht hinhört. Er weiß zuviel, aus Instinkt, als daß 
er auf Worte und Gedanken etwas gäbe. Wir diskutieren ,die 
Kunsttheorien der letzten Jahrzehnte und zwar immer in einem 
Sinn, der das fragwürdige Wesen der Kunst selber, ihre voll 
kommene Anarchie, ihre Zusammenhänge mit Publikum, Rasse 
und momentaner Bildung betrifft. Man kann wohl sagen, daß 
uns die Kunst nicht Selbstzweck ist — dazu bedürfte es einer 
mehr ungebrochenen Naivität —, aber sie ist uns eine Gelegen 
heit zur Zeitkritik und zum wahrhaften Zeitempfinden, Dinge, die 
doch Voraussetzung eines belangvollen, eines typischen Stiles sind. 
Dieser letztere erscheint uns keineswegs als eine so einfache 
Sache, wie man gemeinhin zu glauben geneigt ist. Was besagt 
ein schönes harmonisches Gedicht, wenn es niemand liest, weil 
es im Zeitempfinden gar keine Resonnanz finden kann? Und 
was besagt ein Roman, der von Bildungs wegen zwar gelesen 
wird, der aber weit davon entfernt ist, die Bildung auch zu be 
wegen? So sind unsere Debatten ein brennendes, täglich flagran-
	        
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