Volltext: Deutschland muss untergehen

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Persönlichkeit. Langsam dämmert der Zweifel, der sich 
von Tag zu Tag verstärkt: „Ist das die Revolution, die 
wir erwartet haben? Ist das die gro&e Befreiung, für die 
wir zu sterben bereit waren? Können Leute wie Eberf und 
Scheidemann, gute Kleinbürger, Führer zu unseren Zielen 
sein?“ Liebknecht wuhte das am 10. November: Nein. 
Eberf - Scheidemann 
Es dauert einige Zeit, bis man überblicken kann, wen 
die Flut hochgetragen hat, man riecht erst nach Wodien 
die Qualität des neuen Windes und staunend und beschämt 
steht man vor dem, was sich zugeiragen hat. Wie achtens 
wert sind die Herren von Krackt und Itzenplitz, die sich 
noch immer als Lakaien des Gutsbesitzers von Amerongen 
fühlen, die ihre Uniform genau so spiegelblank tragen als 
früher, als wäre gar nichts vorgefallen und die Revolution 
ein böser Traum, von dem man erwache, wenn man sich 
in die Wade kneife. Wie achtenswert sind die Kapitalisten 
Gould und Asior, die die brutalste Ausbeutung, des Tailor- 
system sans merit zu ihrem Gott gemacht haben, dem sie 
öffentlich Opfer bringen. Die Offiziere und die Trust 
magnaten sind Vertreter von Klassen, die unter Umständen 
für ihre Lebensanschauungen sterben. Das sind Kerle, 
meine Herren, man kann sie ohne Aenderung als Typen 
in Balzacsche Romane übernehmen. Wie jämmerlich da 
gegen sind diese Volksbeauftragten, die nickt mehr wissen, 
was Volk ist. Exzellenz Scheidemann, Frifzchen Ebert, 
der ehrliche Sattlermeister. Jener Noske, der Hindenburg 
en miniature, dieser Ernst, descendant der Herren von Jagow 
und von Oppeln. Die Unzufriedenheit wächst, wenn man 
diese Kleinbürger-Exzellenzen genau nach altem Schema 
agieren sieht. Wo ist auch nur ein Gedanke, der von ihnen 
gedacht worden ist, wo ist eine Tat, die von ihnen zuerst 
getan wurde? Nachschwälzer zehnmahl ausgekochter so 
zialistischer Gedanken, ieutsche Revolutionäre mit Gemüt 
und Butterbemmchen, ganz unpolitisch, Grammophone ka- 
nonlicher Traktätchen und uralter Sdilagworte. Die Unruhe 
wächst. Das Volk, das mit dem Einsatz seines Lebens die 
Revolution gemacht hat, sieht sich von geschickten Bier 
bäuchen betrogen, die plötzlich an der Spitze seiner Or 
ganisationen erscheinen, als wären sie dabei gewesen. 
Man möchte den Augenblick kennen, in dem Herr 
Scheidemann, der sich von S. M. zum Staatssekretär er 
nennen lieh, der jeden Kriegskredit angstschlotternd be 
willigte, noch ehe er gefordert war, die Revolution herbei- 
gewünscht hätte, in deren Namen er jetzt spricht. Man 
möchte die Nackt kennen, in der sich Safilermeister Ebert,
	        
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