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worden, und diese Personen haben sich dem Wert der 
Stoßkraft und der Propagandamöglichkeit des Wortes 
dann als Dadaisten eingefügt. — Sie gründeten in Berlin 
den Klub Dada, von dem unten die Rede sein soll. Die 
Herren von der Galerie Dada merkten offenbar, daß 
ihr Verdienst in keinem Verhältnis zu dem Erfolg des 
Dadaismus stand. Es war so weit gekommen, daß man 
sich die Bilder des Berliner Kunstmaklers Herwarth Waiden 
(der seit langer Zeit mit abstrakten Kunsttheoremen 
Geschäfte machte), auslieh und sie den erstaunten 
Schweizer Dickköpfen als etwas Außerordentliches vor 
setzte. ln der Literatur verfolgte man primitive Ten 
denzen. Man las mittelalterliche Prosa, und Tzara 
machte. sich den alten Bodenstedtschen Scherz, daß er 
selbstgedrechselte Negerverse als zufällig aufgefundene 
Reliquien einer Bantu- oder Winnetoukultur den wieder 
um sehr erstaunten Schweizern zum besten gab. Es 
war eine traurige Versammlung von Dadaisten. Eine 
l'art pour hart Stimmung liegt über der Galerie Dada, 
wenn ich sie jetzt betrachte — das war ein Maniküre- 
Salon der feinen Künste, wo die alten Damen hinter 
den Teetassen den Ausschlag gaben, die ihre schwin 
dende Sexualkraft mit einer „Verrücktheit“ zu befeuern 
suchten. Die Galerie Dada war ein Antichambre des 
Ehrgeizes, wo die Anfänger im Schwindel der Kunst sich 
gewöhnen mußten, zu den Führern mit jenem Augen 
aufschlag aufzusehen, den man aus Werfelschen Ge 
dichten lesen kann, wenn er Gott, Natur und Geist be 
singt. Die Galerie Dada war eine enge Küche litera 
rischer Konventionen, in der man die Scham nicht emp 
findet, wenn man sein Leben lang nur unter dem Strich 
genannt wird. Die Herren waren alle international, von 
jener Liga des Geistes, die Europa im entscheidenden 
Moment so verhängnisvoll geworden ist, zwei dimensio 
nale, planimetrische Menschen, die den notwendigen 
Ausgleich einer engen künstlerischen Betätigung nicht in 
ihren Fingerspitzen empfanden. Es hätte eine Möglichkeit
	        
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