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Francis Picabia ist mit Gabriele Buffet, der Tochter 
eines Pariser Deputierten verheiratet, er soll, wie mir 
mein guter Freund Hans Arp (den ich übrigens von 
allen Vorwürfen, die ich gegen die Züricher Dadaisten 
erhoben habe, ausnehme und dessen Arbeiten mir als 
Ausdruck seiner liebenswürdigen Persönlichkeit, sehr 
willkommen sind) mitteilt, die violetten Westen lieben 
und chilenische Importen rauchen, während er ein Glas 
„Sassaparille“ auf seine eingebildete oder seit Gene 
rationen vorhandene Lues trinkt. Tzara ist in Paris, 
Picabia ist wieder in New York, ln den Ländern der 
Entente, einschließlich Amerika hat Dada gesiegt. Ehe 
wir es sich selbst überlassen und insbesondere von Herrn 
Tzara Abschied nehmen, um uns deutschen Verhält 
nissen zuzuwenden, möchte ich noch einige Worte über 
die Simultaneität sagen, die den Interessenten des Da 
daismus bei allen dadaistischen Veranstaltungen, in allen 
dadaistischen Publikationen wieder begegnen wird. Simul 
taneität (von Marinetti in diesem Literatur-Sinne zuerst 
gebraucht) ist eine Abstraktion, ein Begriff für die 
Gleichzeitigkeit verschiedener Geschehnisse. Es setzt 
eine erhöhte Sensibilität für den zeitlichen Ablauf der 
Dinge voraus, es dreht das Nacheinander des a=b=c-d 
in ein a-b-c-d, es sucht das Problem des Ohrs in ein 
Problem des Gesichts umzuwandeln. Simultaneität ist 
gegen das Gewordene für das Werden. Während ich 
mir z. B. nacheinander bewußt werde, daß ich gestern 
eine alte Frau geohrfeigt und mir vor einer Stunde die 
Hände gewaschen habe, fällt der Schrei der Bremse 
einer elektrischen Straßenbahn und das Poltern des 
Ziegels, der vom nächsten Dache fällt, gleichzeitig in 
mein Ohr und mein Auge (mein äußeres oder mein 
inneres) richtet sich auf, um in der Gleichzeitigkeit dieser 
Geschehnisse einen schnellen Sinn des Lebens zu er 
haschen. Aus den mich gleichzeitig umgebenden Ereig 
nissen des Alltags, der Großstadt, des Zirkus Dada, 
Gepolter, Schreien, Dampfsirenen, Häuserfronten und
	        
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