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und dumm erscheint. Dada hat keinen rechthaberischen 
Standpunkt. Wenn ihm heute Professor Knatschke beweist, 
daß es schon dagewesen ist, so macht das ja weiter nichts. 
Ein Baum ist auch schon dagewesen und man ißt jeden 
Mittag, ohne daß man besonderen Ekel dabei empfindet. 
Diese ganze physiologische Einstellung zur Welt, die so 
weit geht, daß sie wie Nietzsche, der große Philologe, 
das tut, die Kultur vom trockenen oder flüssigen Essen 
abhängig macht, ist natürlich cum grano salis zu nehmen. 
Sie ist genau so sinnig und unsinnig wie das Gegenteil. 
Aber man ist ja ein Mensch und nimmt schon dadurch 
Partei, daß man heute Kaffee und morgen Tee trinkt. 
Dada sieht sein Ende voraus und lacht darüber. Der 
Tod ist eine durchaus dadaistische Angelegenheit, indem 
er nicht das Geringste besagt. Dada hat das Recht, sich 
selbst aufzuheben und wird davon Gebrauch machen, 
wenn die Zeit gekommen ist. Es wird mit durchaus sach 
licher Geste, gebügelten Hosen, rasiert und frisiert ins 
Grab steigen, nachdem es sich rechtzeitig mit dem Be 
erdigungsinstitut Thanatos in Verbindung gesetzt hat. Die 
Zeit ist nicht mehr allzufern. Wir haben sehr feine Finger 
spitzen und einen Kehlkopf aus Glanzpapier. Die mittel 
mäßigen Köpfe und die Herrschaften, die eine „Verrückt 
heit“ suchen, beginnen sich des Dadaismus zu bemächtigen. 
An allen Ecken des guten deutschen Vaterlandes bemühen 
sich die Literaturcliquen, mit Dada als Hintergrund, eine 
heroische Pose einzunehmen. Man muß das Talent haben, 
seinen Untergang interessant und angenehm zu machen. 
Am Ende ist es ja auch gleichgültig, ob die Deutschen 
ihren Kulturschwindel weiter machen oder nicht. Mögen 
sie damit unsterblich werden. Dada aber wird, wenn es 
hier stirbt, eines Tages auf einem anderen Planeten mit 
Rasseln und Kesselpauken, Topfdeckeln und Simultan 
gedichten den alten Gott daran erinnern, daß es noch 
Leute gibt, die den vollkommenen Blödsinn der Welt 
sehr wohl eingesehen haben.
	        
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