KX/iv haben eine Erscheinung. Sie steht Ln den Zimmern, und
auf den leeren Platzen steht sie um Mitternacht, und wenn es
Morgen wird, so wird sie deutlicher mit dem Tag, und wir sehen
die Mauser durch ihre durchscheinende Gestalt. Ein Revenant ist
davon abhängig, wie viele ihn wahrnehmen. Diesen gewahren alle:
er ist aus allen Gräbern gestiegen. Alle gewahren ihn. Aber wer
erkennt ihn?
Nein. Ihr sollt nicht bekannt tun mit ihm. Ihr sollt ihm
nicht das Zubehör und die Zunamen früherer Rriege anhangen,
denn ob es gleich ein Rrieg ist, so kennt ihr ihn doch nicht. Da
man euch Bilder von Greco zeigte, so gabt ihr zu, daß da ein
Erleben sei, das ihr nicht kanntet. Und wenn dieser Rrieg ein
Gesicht hat, so sollt ihr es ansehn wie das Gesicht Amenophis
des Vierten, das vorher nicht da war. Ihr sollt davor stehen,
wie neulich vor der Tatsache, daß in ein paar Pferden, bisher un-
angerufen, eine Gegenwart des bestimmtesten Geistes wohnt; ihr
sollt als die, die ihr jetzt seid, den leidenschaftlichen Umgang des
Todes hinnehmen und feine Vertraulichkeit erwidern; denn was
wißt ihr von seiner -Liebe zu euch?
Wir haben eine Erscheinung, — und es hat sie mancher an
gerufen; sie aber weicht nicht und schreitet durch unsere Wände
und steht nicht Rede. Weil ihr tut, als kenntet ihr sie. Erhebt
eure Augen und kennt sie nicht; schafft ein Hohles um sie mit
der Frage eurer Blicke; hungert sie aus mit Vttchckennen! Und
plötzlich, Ln der Angst nicht zu sein, wird euch das Ungeheuere
seinen Vlamen schrein und wegsinken.
Rainer Maria Rilke