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vor uns liegt, darf keine Knospe sich vorschnell hervorwagen. Auch jetzt trifft
die alte Bauernregel zu, der Sommer werde um so fruchtbarer, je strenger
der Winter war. wir müssen uns mit einem großen willen und mit heiliger
Zuversicht erfüllen, aber wir müssen uns hüten, die Wirkungen zu suchen ehe
die Ursachen erschöpft sind. Das Schwerste steht noch bevor; für Alle. Es
genügt nicht, jetzt, wo die heroischen Eigenschaften der Deutschen wieder sieg
haft hervorgetreten sind, befriedigt darauf hinzuweisen, daß sie immer noch
da sind; es gilt vielmehr, die neu entflammte Idealität der Nation in etwas
Dauerndes, stets Gegenwärtiges zu verwandeln, mit diesem Idealismus zu
planen und zu bauen und ihn, nach jeder Richtung schöpferisch zu machen, wie
er jetzt kriegerisch ist. Dieses aber ist eine Iahrhundertarbeit, der die Erfolge
nicht morgen und übermorgen schon blühen können. Verdächtig ist darum der
allzuschnelle Wille zum Erfolg, der voreilige Glücksgedanke. Es geht nicht
um Glück, sondern um Arbeit. —
Die kleinen grünen Knospen in Garten und Wald haben sich von gestern
auf heut verwandelt. Sie haben wieder ein hartes braunes Winterkleid angetan,
der Saft ist eilig zurückgetreten und das eben noch biegsame Geäst ward wieder
trocken und hart, was die Farbe des keimenden Lebens hatte, steht wieder
starr und wie tot da. „Doch innen im Marke lebt die schaffende Gewalt."
Sie wird sich in einem neuen Frühling entfalten, wenn erst die Aequinoktien
vorüber sein werden. Bis dahin aber sei uns die ^ot der Zeit willkommen;
sie ist die beste Gewähr für die Reinheit und Gesundheit der die Zukunft
beherrschenden Kraft.
Karl Scheffler