ls der Krieg ausbrach, trat alle Kunst gegenüber dem, was
die Wirklichkeit brachte, zunächst vollkommen in den Hinter
grund. Dann begannen die Proklamationen des betont
nationalen Schaffens, die Proteste gegen die Ausländerei —
und schließlich die offenen und versteckten Rufe gegen die
neuen Versuche und Bestrebungen der letzten Jahre.
Kriegsbilder waren das Einzige, was man gelten lassen
wollte: das Gegenständliche triumphierte und die viel
befehdete Darstellung schien einen Sieg auf der ganzen Linie davonzutragen.
Sieht man näher zu, so wandelt sich das Bild ein wenig. Gewiß: alles
greift zuerst nach Bildern vom Kriege und geht an allem andern vorüber:
was aber gesucht wird, sind nicht Gemälde und Zeichnungen, mögen sie hundert
mal draußen vor dem Feinde entstanden sein, — das sind vielmehr Photo
graphien. Der oft erhobene Einwand gegen den Impressionismus, daß das,
was er leistet, von Kamera und Kino viel besser erledigt wird, wird von dem
gesunden Instinkt des Volkes hier ohne Worte durch die Tat bestätigt: man
traut der mechanisch unpersönlichen Reproduktion mehr als dem Menschen,
hält sich an die photograpische Platte und geht an den referierenden Zeich
nungen vorüber, Nicht ganz mit Unrecht. Die Versuche, der ungeheuren Er
scheinung dieses Krieges mit Eindruckswiedergaben beizukommen mußten ver
sagen: der Impressionismus ist in der Tat als einer der ersten völlig Toren
dieses Krieges auf dem Schlachtfeld geblieben. Der Geist, aus dem er geboren
war, triumphierte noch einmal in der wundervollen Sachlichkeit, mit der draußen
dieses Ringen organisiert war, mit der es von der Mehrzahl derer, die mit
kämpfen, betrachtet wurde. In der technischen Präzision der Kampfmethoden
wie des Aufmarschs stieg noch einmal der naturwissenschaftliche Geist des ver-
fisssenen Jahrhunderts auf — weil er zugleich damit die ihm gebührende Stelle
erhalten, aus einem Zweck wieder ein Mittel für ein Höheres, Höchstes geworden
war. wie wenig aber dieser Geist, der hier an seinem Play Ungeheures leistete,
zur Gestaltung dieses ungeheuren Geschehens hinreichte, wie unmöglich es war,
mit seinen Mitteln dem wesentlichen unseres Erlebens Ausdruck zu schaffen:
das beweisen die Kriegszeichnungen, die den Charakter der Lassirerschen „Kriegs-
zeit" bestimmen, die Blätter von Liebermann, von Gaul und anderen Führern
der impressionistischen Bewegung. Ihre (Qualitäten haben nichts mit dem Geistigen
ihres Gegenstands gemeinsam als etwa die Unterschrift: man mache einmal
den Versuch einer Titeländerung ins Unkriegerische Unpasserische und man wird
erstaunt sein, wie mühelos das geht. Der „Eindruck" mag schon stimmen; den
„Ausdruck" bleiben sie ohne Hilfe des Worts vollkommen schuldig.
In eben dieser „Kriegszeit" aber finden sich auch ein paar Blätter Otts
Hettners, vor denen man etwas wesentlich anderes erlebt. Er gibt weder
Kriegs- noch Volksszenen, weder zerstörte Städte noch feuernde Truppen; und
doch spürt man vor seinen Zeichnungen den Krieg, das, was wir durchlebt