Volltext: 1914-1916 (1914-1916)

er recht handelt, obwohl das, was er tut nicht recht ist. Schon Aristoteles 
unterscheidet unrecht handeln und etwas tun, was unrecht ist. 
Freiherr von Rnigge: Hören Sie mir mit Aristoteles auf! Er 
war ein Doktrinär und kein Menschenkenner. Schwierige Rechtsfragen lasten 
sich allein durch Menschenkenntnis entscheiden, wie es mit den Stänkern, den 
(Querelleurs in der Gesellschaft gehalten werden muß, hat man auch mit den 
(Querelleurs unter den Regierungen zu verfahren. Ist es unmöglich, sie sich 
vom Leibe zu halten oder ihren Grobheiten auszuweichen, so rate ich ein vor 
allemal ihnen so kräftig zu begegnen, daß ihnen die Lust vergeht sich ein zweites 
Mal an uns zu reiben. 
Hugo Grotius: Dann haben wir aber allzuleicht den Fall, daß 
unser jus pacis dem jus belli weicht, was Euripides von den griechischen 
Staaten sagte, als sie sich leichtsinnig in ihr Unheil hinein redeten, scheint mir 
auch für die gegenwärtigen Ereignisse zu gelten. 
Freiherr von Knigge: Ich habe nie einen Tragiker zu meinen 
Argumenten gebraucht, was meinte der Mann? 
Hugo Grotius: Sobald über den Rrieg verhandelt wird, denkt 
keiner, daß auch ihn der Tod bedroht. Sondern nur den Gegnern wird das 
Unheil zugedacht, so meint Euripides. wären die Leichen der Gefallenen schon 
zugegen gewesen, als der Rrieg beschlossen wurde, das wütende Griechenland 
hätte sich gefaßt. Aber man hat bei mir nicht genügend gelernt, man will 
seine eigene Erfahrung machen. Ich beobachte das nun seit beinahe drei Iahr- 
Hunderten. 
Freiherr von Ririgge: Und ich die Menschen seit mehr als einem 
Iahrhundert. Herr Geheimbderat, unsere Erfahrungen sind nicht gerade er 
mutigend. Man schreibt Bücher für viele und die wenigsten richten sich danach. 
Zu meiner Zeit gingen die ganzen Bestrebungen auf individuelle Freiheit hinaus 
und dem oberflächlichen Auge konnte sich ein Bild grenzenloser Erfüllung bieten 
und nun könnte ich in ganz Europa, wohin ich mich auch wenden möchte, nicht 
für einen Dukaten persönliche Freiheit kaufen. Es geht mit der Freiheit wie 
mit der Gerechtigkeit, wenn man sie am notwendigsten braucht, mußten sie sich 
gerade aus Staatsrücksichten absentieren. 
Hugo Grotius: Es ist billig, daß im Rampf diejenigen ihre Freiheit 
verlieren, wenn sie besiegt sind, die bewaffnet waren und sich wehrten, aber 
die Unschuldigen sind nicht zu verlegen. Das steht in meinem Buch so deutlich, 
daß es keinen Rommentars bedarf. Nun es hat viele Rommentare, aber 
keine praktische Erfüllung gefunden. Hugo Grotius, wozu hast du geschrieben 
und gelebt! 
Freiherr von Rnigge: Vielleicht um Kommentatoren zu finden. 
Das ergibt immer einen bleibenden wert. Meine einzige Hoffnung ist, daß 
aus diesem offensichtlichen Umsturz aller bisherigen Formen, die der Umgang 
ZZZ
	        
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