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eine epische Entwicklung darstellte, so ist der Simson der auf der Lebenshöhe
entstehende und nur mit dem Einsatz des ganzen Lebens gelöste tragische Konflikt
des Mannes, sich selbst in den inneren (Quellen und in den äußeren Strudeln
des Daseins zu behaupten. Die ersten Siege über die Philister find Morgen-
spiele, der letzte ist das wissend dargebrachte Opfer eines Geprüften, dem nichrs
mehr an sich selbst und alles an seinem Werke liegt, wissend und opferbereit
aber ist er daran geworden, daß er sein Rätsel, in Leidenschaft sich lösend,
gestand, seinen Besitz verlor, um ihn auf einer höheren Stufe wieder zu erhalten.
Die törichte Feindschaft und der eitle Hohn der Welt bleiben in ihm
Nichtigkeit unter der Aufgabe und dem heiligenden Tun des Mannes zurück
und von der erstiegenen Hohe neigt sich das Mitleid in ihre Abgründe hinab,
um sie daraus erlösend in einen heilenden Tempel zu führen. Der nächste Zyklus,
der „Teich Bethesda", zeigt die Mühseligen, die Beladenen und Kranken, wie
sie sich aus ihren qualumstandenen Betten aufrichten und ausziehen, einsam
oder in Gruppen, getragen oder gestützt und über die Erde pilgern, nach einem
Segen, der ihnen angekündet ist und an den sie in aller Verzweiflung und
allem Schmerz fest glauben. In Scharen umdrängen sie den Rundbau, welchen
ihnen das Mitleid über der (Quelle nahe einem leuchtenden Gebirge errichtet
har und endlich liegen, knien, stehen und stürzen sie in diesen reinen Spiegel
selbst, dessen Duft sie zum Gebet gestärkt, wie blind von gläubiger Zuversicht
verehren. Sie vertrauen sich nackt der Glut, dem Walser und den Lüften
und der Sonne, und die Kraft ihres Vertrauens wird eins mit der Kraft der
vom Erbarmen um sie gekreisten Natur, sie werden ganz, heil und erlöst und
preisend ziehen sie wieder in die Welt hinaus, eine vom Glück zum Daseins
taumel erhobene Schar unter dem weiten Himmel.
Das Mitleid durchbricht die Ordnung der Welt, wer sein Ich in dem
Du gefunden har mit allen Mängeln, Sünden und Entzückungen, der ist von
den scheinbaren starren Gesetzen der rollenden Leidenschaften befreit und schafft
einen höheren Zusammenhang, in welchen die äußerlichen Schicksale nicht mehr
wesenbaft eingehen, weil sie zum Traumspiel geworden sind. So steigt das
„geträumte paar" aus der walderde auf, wird ermordet, in den Fluß ge
worfen, hingerichtet und gleitet wieder in die Welterde hinab und dies alles
zieht an den Vereinten vorüber und vorbei, ohne sie zu treffen, denn aus jedem
Dunkel erheben sie sich unversehrt als die Alten und eilen der ewigen Heimat
zu, aus der sie gekommen sind und die sich um sie hüllt in den großen Natur
symbolen, in der inselhaften Baumgruppe, in den Bergen, im Fluß, in den
Lüften über der Eisenbahn...
Die Leichen der Ermordeten schwimmen den Fluß hinab, dunkel eingehüllt
von der Flut, eingewickelt und getragen, unbestimmt und doch nach einem
sicheren Ziel, wie im Traumgang des Lebens, mit der gleichen schlafwandelnden
Sicherheit, mit der reißenden, gefahrvollen und doch mütterlichen Sorgfalt der
ewigen Gebärerin Welt. Die nackten Gestalten fahren triumphierend auf dem
schwarzen Eisenbahnzug in die Welt hinein, sie laufen, gerichtet und zum
zweiten Male getötet, in Eile hoch auf der Brücke über der Masse nach ihrem
Ziel, in der siegreichen Allgewalt fröhlicher Selbstbehauptung. Aber zuletzt
endet die Fahrt, freien willens, einig mit Bestimmung und Schicksal, im Erden
schoß, aus dem sie aufstieg und die inselhafte Landschaft, das ewige Sein
hinter Welt und Mensch, taucht wieder auf und hat ungeändert beharrt,
während sie ihm entrinnend wieder zu ihm zurückgekehrt sind.
... Nichts und niemand kann ihnen etwas anhaben, in ihnen ist eine
geheimste Ordnung verborgen, welche Messer und Beile überlebt, und sie sicher