Volltext: 1914-1916 (1914-1916)

ihrem Ziele zuleitet, einem Ziele, dessen unsichtbare Ewigkeit sich in ihre Schein- 
körper gekleidet hat, wie es sich in die ScheinkLrper des Felsens und der 
Gewässer faltet. Von außen gesehen scheinen es Kämpfe, wie die des Simfon, 
und weniger siegreiche sogar, aber von innen betrachtet rührten die Taten 
Simsons an sein eigenste» Wesen, sie waren ihm Not, damit er sich selbst er, 
reiche, während die Leiden und Verfolgungen der beiden Geträumten nicht» 
sind als gaukelnder Schein, kurzer, vergänglicher, über einem unantastbaren 
urgefühlren, urlebendigen Wesen. Darum ist dieser Zyklus ein geschlossener, in 
sich zurückkehrender Kreis, wie Geburt und Tod, und darum hebt er die Be 
dingungen der Wirklichkeit auf mit dem Rechte und der nackten Kühnheit des 
Traumes. 
So steigert sich die Freiheit der inhaltlichen Motive von Zyklus zu Zyklus. 
Sie steigert sich, weil sich ihr Schöpfer von Werk zu Werk als Mensch befreit, 
und deshalb läuft der inhaltlichen Entwicklung auch die der künstlerischen 
Arbeit parallel. Ein Blatt wie das der Bootfahrt im „Verliebten"-Zyklus 
leiht seine Kraft noch zum Teil vom Gegenstand, von dem Kinde vorn und dem 
Knochenmanne hinten, doch eine» wie da» vom Fluße verschwemmte „geträumte 
paar" hat seine Stärke ganz in der Darstellung, in der Art, wie diese beiden 
Körper schlafgebannt in die wogen gebunden sind. Ein Haus im „Tobias" 
ist mit allen seinen zufälligen Merkmalen gegeben; die Halle, die sich über den 
„Teich Berhesda" wölbt, ist ein Raum, der Luft und Licht umschließt, damit 
sie begrenzt segnender um die nackten Leiber spielen können. Von Zyklus zu 
Zyklus werden die Einzelheiten und die Mittel beschränkt und vereinfacht, damit 
sie immer mehr bloß das für die körperliche Gestalt der innerlich bedeutsamen 
Empfindung wesentliche aussagen. Der technische Fortschritt fällt mit dem 
menschlichen in eins zusammen. 
Darin sind diese Zyklen echte Vertreter ihrer Kunstweise. Denn die 
Radierung ist ihrem Ursprünge nach bestimmt, die menschlichen Gehalte einer 
Zeit in linearen Visionen auszudrücken. Der höchste Gehalt jeder Zeit aber ist 
die Befreiung, die der Mensch an sich selbst vollzieht. Ludwig Gorm 
3-H
	        
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