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ie waren schon zwei Tage in Brügge und noch immer
donnerte der graue Riesenzug frischformiertcr Truppen
unter unseren Fenstern am Sankt Annen-Ufer vorüber.
Die Erscheinung der ersten Bataillone war noch wie cin
leichter grauer Nebel, der die Konturen der Häuser dun
kelte, unsere Gesichtsnerven reizte. Nach zwanzig, dreißig
Minuten aber hatten wir die Empfindung: Hügel drückten,
rückten mit der Wucht schroffer Felsblöcke um unsere
Winzigkeit zusammen. Zogen den massiven Ring enger und enger und schnitten
den Atem weg. wölkten Unsichtbarkeiten in die Augen und lähmten den
Springpuls des Blutes. Es war, als würden unsere Körper gehoben, aus
den Fenstern drohend in einen unsichtbaren Wirbel hineingezogen. Es verschlug
nichts, daß ein Marschlied aus den Tausenden von Kehlen klang. Melodiennetze
weit ausspannte, drin sich der wind, das Rieseln der Regenröhren, die dumpfen
Glockcnintervalle von der Liebfrauen-, Salvator- und Jakobskirche hemmungslos
verfingen, was tat's, daß die Nacht mit den feuchten schwarzen Bahrtüchern
den Himmelsbogen über den Häusern auslöschte. Die Straße schien zu wan
dern, wanderte wie das endlose Band eines Paternosterwerkes. Aber es war
noch etwas. Es war ein Geruch da, den wir vorher nie empfunden hatten.
Vielleicht nie im Leben geschmeckt hatten. Nie in den großen Fellspeichcrn
Antwerpens, in den Gerbereien an der Schelde, in den riesenhaften Sälen der
Schuhfabriken Maastrichts. Und doch war es der Geruch des Leders, der
Stiefel, die mit heißer Kraft die kantigen Steine wie Nägel in das Bett der
Straße schlugen.
Und was kann einem nicht alles der Mond sein, wenn er über die zackigen
Giebel reitet, die Vielfältigkeit der Architekturen vereinfacht, das spülende
Geräusch eines langsamen uralten Wassers durch das Hinaushorchende der
offenen Fenster schlägt: Hier aber hing er kalt und unfeierlich in einem gelben
Gehügel von Wolken und runden Schornsteinen.
Das rhythmische Geschmetter der Marschtritte tönte hinauf bis zu seiner
unkriegerischen Welt und zwang ihn aus dem verwunschenen Dasein in seine
harre Helle: Stern.
Und als der Morgen aufging, war es keiner, der das Gold aus den
Fenstern in funkelnden Blöcken hämmerte; keiner, der lange Schnüre von
Opalen, Korallen durch den Blau-Grund der Kanäle zog; keiner, der geschäftlich
durch die Milchwagen schellte; keiner, der der Amsel mir hellem Geschmetter
durch die Kehle spritzte.
Es war eine Kette von Frauenhaar vor den Fenstern gespannt, ein Rudel
von Köpfen, die, kaum in die wieder sichtbar gewordene Erscheinung der Truppen
gerückt, von bleuem überwältigt wurde.
Ein Gedanke zerpflückte alle Gehirne: wessen Art ist der Meister, der
dieses Gebilde erschaffen hatte, es wie ein Instrument meistert 7 wo noch auf