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Aber sie kann es nicht. Sie kann es nur behaupten. Sie
kann von einem Bilde sagen: es ist schön. Aber sie kann nicht sagen,
weshalb es schön ist. Ls läßt sich nicht einmal beweisen, daß ein
Kunstwerk keines ist. Noch viel weniger, daß ein Kunstwerk — und
weshalb es — auf uns wirkt. Wir wißen nicht, was uns ergreift.
Wir wissen nicht, weshalb wir ein Bild schön finden.
Etwa weil es gut gemalt ist? Bagrische Votivtafeln ergreifen
uns eher, als die brillant gemalten Porträts der Sezessionen. Was
haben Technik, Stil und Können mit dem Eindruck zu tun, den wir
vom Kunstwerk empfangen? Mit ihnen läßt sich nichts erklären.
Sie stnd (wie Leinwand und Zarbenfirma) undiskutable Vorbe
dingung, Privatsache des Künstlers.
Bon dem Stoff, von der Anekdote des Kunstwerks sind unsere
Empfindungen nicht so unabhängig. Stoffliche Eindrücke mischen
sich mit denen, die wir rein aus der Kunst empfangen, und wir haben
keinen Grund, ste zu absorbieren. Aber mit Kunst und dem Wert
des Kunstwerks haben sie nichts zu tun.
Wenn wir die Anekdote eines Kunstwerkes nicht verstehen, so
können wir trotzdem das Kunstwerk sehr wohl verstehen.
Also nicht der Stoff des Werkes und nicht das Können des
Künstlers ist es, was uns ergreift, und was uns sagen läßt: Wie
schön!
Was ist es denn? — Wir wissen es nicht. Die Seele des
Kunstwerks. Gewiß: die Seele. Aber wo ist sie? Wie ist ste?
Was ist sie? Was beseelt die Bilder Picastos und macht ste zum
Kunstwerk vor Malereien und Vorsatzpapieren des Zufalls?
Der künstlerische Wille. — Gewiß. Aber wie äußert sich der?
L'est le Rhythme qui fait 9a, sagte mal Sawlenski. Gewiß.
C’est le Rhythme. Aber was ist das: Rgthmus? Ein schönes Wort
und ein sehr schöner Begriff. Aber worin äußert er sich? Z. B. bei
Picasto?
Es hilft nichts: wir wißen nicht, was das ist „le Rhythme";
wir wißen nicht, was das ist „Die Seele des Bildes"; wir wißen
nicht, weshalb ein Kunstwerk „schön" ist.
Der Künstler selber weiß es nicht. Er weiß oft nicht, weshalb
er den Strich dahin, weshalb er den Zleck dahin fetzt. Er hat es im
Gefühl: das gehört dahin, es muß so sein. Wir haben nachher
dasselbe Gefühl. Wir sind befriedigt und glücklich, weil es so ge
worden ist. Weshalb es so werden mußte, weshalb es uns glücklich
macht, daß es so wurde, das wißen wir nicht. Das weiß kein
Mensch. Auch kein Kritiker.