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der marschierenden Massen, nicht in der
Menge der verausgabten Milliarden.
Z. Mark
Arthur Schnitzler, Komödie
der Worte (S. Zischer Ver
lag). Schnitzler» meinem Herzen feit
Auatol nahe und liebenswerter noch,
weil er in dieser „großen" Wiudfahueu-
zeit herzhaft sichselbstgetreuer Vernunft
die Ehre gab, reicht drei Einakter von
mehr technischer, als menschlicher Zulle.
Allerlei Lehrsätze vom ehelichen Drei
eck, das ein Viereck ist, von einem
virtuosen Mathematiker der Ge
schlechter analgsiert und abgewandelt.
Häufig — für mein Gefühl — mit dem
Bewußtsein, ein illustres Auditorium
verblüffen zu dürfen. Schnitzler zeich
nete zuvor Menschen, die manchmal
allzu hauptberuflich Perleuwirker,
Aphorismeuschlürfer, Spiegelfetischisten
waren, aber auch daun noch, in diesem
schlimmsten Zolle, Momente hatten, in
denen sie sich unbeobachtet glaubten
und ein Wort aus dem Geheimsten
ihrer Brust holten. Er fabriziert nun,
fast durchweg Zantome, die stch jede
Äußerung vorher schön sauber zurecht
legten und über stch Bescheid misten.
Der Gesamttitel umkleidet das Ganze
ironisch, und im Mittelstöck sagt ein
fauch sonst sgmpathischer) Theater-
direktor: „Weisheit auf der Bühne
hält nur unnütz auf". Smmerhiu er
lebte ich (bei der Lektüre) keine er
schütternde Enthüllung seelischer
Glitschrigkeit und unentrinnbarer
Erosfluukerei, sondern die akkurat
arrangierte Vorführung wirksamer
Kulistenszeneu über „Das Thema".
3m „Zwischenspiel" war es einmalig
ergreifend. Ein Paradigma, nicht
dran zu rütteln! Heuer verzettelt stch
alles, 3ougleurkunststücke, für Aicht-
köuuer immer noch sehr bewunderungs
würdig, mischen sich drein, Zetzen der
alten Schuitzlerscheu Schicksalstragödie
vom Wechselspiel zwischen Sein und
Schein, bisweilen Sehnsüchte wie nach
Wedekiuds „Kammersänger" oder
Knifflichkeiteu und unmotiviert aparte
Bedürfnisse. Gar so weit liegt auch
Vahrs „Konzert" nicht mehr. Ein
Schriftsteller stellt fest: „Statt das Na
türliche natürlich zu erleben, trüben ste
es durch ihre gottverdammte Psgcho-
logie". Rasch knicken die Marionetten
zusammen und die Köpfe» die neunmal
klugen, sitzen locker. Doch aus Ae-
stguiertheit, die über alle Euttäuschung
erhaben und in Schmerzen hellsichtig
ward und den Schwindel stellte, noch
ehe er endgültig znm Klappen kam» löst
stch hie und da ein innig leuchtendes
Weiseseiu, leis hinschwebend wie
Leuchtkugeln an Sommerabeuden. . . .
Zur eine Sekunde mit klarem, ruhigem
Silberlicht segnend blühenden Busch
oder ruhenden See. . . . Zusammeu-
gewachseuseiu der Eheleute noch in
Mißtrauen und Qual, fester und un
abwendbarer als in Hingebung und
Zärtlichkeit früher, oder facht auf
dämmernde Erkenntnis von der Schuld
eines Weibes, das mit dem Schwe
benden nicht schweben kann, und von
der Sünde, die durch „Anständigkeit"
Ungehemmten aufgebürdet ist, oder die
Rettung, die heut so ein Dialog ver
heißt:
„Guido: 3a, das Leben ist sehr ge
heimnisvoll . . .
Zelix: Das Leben — nein. Richt be
sonders. Aber die Kunst."
Das Beste endlich bleibt: wer die
Welt so steht, kaun ste auch setzt nicht
überwältigend ernst nehmen. Viel
mehr, daß man hernach, wie jener
Komödiant Konrad Herbot an stch