Volltext: 1914-1916 (1914-1916)

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2rre beugte sich well vor. 2m Kopf wirbelte ihm eine feurige Welt, 
aber inmitten erhob sich eine Erinnerung, qualvoll und jubelnd, 
bitter und süß, herzzermalmend und erlösend, eine Erinnerung von 
fo vernichtender Pein und solcher Verzückung wie das Sterben 
selbst. Es war — nun wußte er wieder allesl — genau so wie in 
jenen ewigen Sekunden, da die feindliche Granate in die Pulver 
kammer uiedergeborsieu war und er, brennend am ganzen Leibe, 
noch eh er wußte, was geschah, über Bord geschleudert wurde. Da 
er, umklammert vom wimmernden Eode, noch den siechenden Ge 
danken ahnte: jetzt, einziger Sohn deiner Mutter, jetzt ertrinksi du 
in bodenloser See und wirst kein Grab haben daheim. . . 
Dieser letzte Gedanke, Heimweh ohne Ende, Aufschrei der 
versinkenden Seele, erhob sich in seiner Erinnerung wieder, einem 
strahlenden Engel gleich mit berückend schönem und strengem An 
gesicht und mit flammendem Schwert. 
Was hockte er noch hier oben! Mit einem tollen Satz sprang 
er vom Eurm hinab. 
Schlug die eisige Flut um seinen glühenden Leib? Richt zum 
erstenmal! Mit hastigen, laugen Griffen packte er die Leiche vor 
ihm an beiden Seiten der Brust und stiert? ihr ins Antlitz. Er 
glaubte in einen Spiegel zu schauen: er sah sein eignes Gesicht. Die 
graublauen Augen, die gerade Aase, die tiefe Furche zu den Mund 
winkeln hinab. Er lachte gurgelnd auf, fast war es ein Schluchzen, 
wie wenn ein Eier ein unglaubliches Glück laut werden läßt. Ein 
Urlaut der Vereinigung. Er zweifelte nicht mehr au Gottes Willen, 
daß er nicht ohne Grab in der Liefe versinken sollte, spurlos. Das 
Meer brachte ihn in die Heimat zurück. Das Meer zog von Dorf 
zu Dorf, und wo eines ertrunkenen Kameraden Heimat war, dort 
bettete es feine Leiche hin, damit sie in den Armen der wärmenden, 
der mütterlichen Erde ruhe. O namenloses Glück! 
Lamill Hoffmanu
	        
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