Volltext: 1914-1916 (1914-1916)

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Kunst ein Ziel haben kann): es löst den 
Wunsch ans: bester fu machen und bester 
;n werden. Line Überredung zum 
Besterwerden oder (dasselbe) eine 
Überredung zur Liebe. 
Man weiß nur nicht genau» was oder 
wen man lieben will: Das Buch, den 
Dichter, der es schrieb, das Elsaß, das 
beide hervorgebracht hat» oder die 
Zukunft, die wir uns und diesem Lande 
erkämpfen wollen? Erkämpfen müssen! 
Dies Stuck tut mehr zur Lösung der 
elsästischen Frage, als Dutzende von 
gut gemeinten, wissenschaftlichen Bro 
schüren und Büchern. Es ist nicht 
misten- sondern leiden-schaftlich und 
läßt uns das Elsaß nicht verstehen 
sondern lieben. Wenn es genügend 
gelesen, verstanden und geliebt wird, 
so bedeutet das eine gewonnene 
Schlacht — für Deutschland und ein 
gewonnenes Gefecht — fiir die Mensch 
heit. Zn diesen beiden Siegen kann 
jeder beitragen, der Lust dazu hat. 
Denn das Heft der weißen Blätter 
kostet nur zwei Mark. H. Siemsen 
Helleraner Bücher. Eheo - 
dor DL übler: Wir wollen nicht 
verweilen. Dresden-Helleran 1915. 
EheodorDänbler: Mit silberner 
Sichel. 191S. P a n l A d l e r: Elohim. 
Dresden-Helleran 1914. Paul 
Adler: ALmlich. 1915. 
Helleran ist mehr als ein Programm» 
es ist eine Gemeinde. Darf man 
feine Bücher besprechen» wenn man 
Himmel und Luft und Gemein 
schaft, ans der fie geworden stnd» 
nicht kennt? Man dürfte es nicht, 
wenn es hier um eine „Würdigung" 
ginge. Dazu find wir noch nicht be 
rufen. Wir wollen fie unfern Kindern 
überlasten. Bester» wir nehmen diese 
Bücher für sich als lelwndige Wirkung, 
ohne Familie und Stammbaum anzn- 
fehen. Was sagen fie uns? Zunächst, 
daß fie von einsamen Menschen 
kommen» die seitab der Welt ihre 
Wege gesucht haben. So klingen fie 
ans einer Ferne oft über uns hin, statt 
ja uns her. 
Am meisten so bei D L n b l e r. Wie ist 
er einsam. Richt einmal mit seiner 
Mutter kann er leben, sondern muß in 
seine Eränme flüchten, um fiejn finden. 
Auf seinen Wanderungen von Stallen 
biszur Ostsee — während er nur von 
fich und seinem Erleben spricht —» 
mit wem lebt er? Mit Mond und 
Sonne, mit Meer und Bäumen. Schon 
vor den Eieren schreckt er zurück. 
Vogelflng im fernen Himmel: näher 
dürfen fie ihm nicht kommen. 
Und die Menschen gehen wie Schatten 
vorüber. Mitten im menschenvottsten 
Paris: nur Schatten. Er kann nur 
mit fich selber reden —, oder mit 
großen Esten. Rein, über die großen 
Esten mit fich selber. Lieber aber, 
meistens aber versenkt er fich: inbrünstig 
in seine Einsamkeit. Versenkt fich, 
steigert fich» wirft sich hinaus über 
alles Sein, so daß die ganze — glühend 
geüebte — Aatnr nur wandelndes 
Gleichnis ist» geboren von der Sehn 
sucht seines Geistes. Wunderschön — 
wenn er mich nun mitnähme auf seinen 
Flügen. Daß er das nicht tut, gewiß 
liegt's an meiner Erdenschwere, aber 
nicht auch an den Flögeln? Eine 
Strecke geht's. Dann aber beginnt 
ein Reden in Allegorien, Rätseln und 
Abstraktionen, ein Alliterieren und 
Spielen mit Worten, eine verwachsene 
Wildnis spitzfindiger Scholastik, über 
der man müde wird, vielmehr müde 
würde, wenn nicht andere Stellen 
wären, wo die Sprache anfängt zu 
klingen, wo Bilder kommen, lench-
	        
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